USA:Knapp daneben

Biden wollte mit seiner Rede die Republikaner aufrütteln. Das Risiko, das er einging, zahlt sich wohl nicht aus.

Kommentar von Fabian Fellmann

Es war Joe Bidens bisher stärkste Rede. Donald Trumps Extremismus gefährde die US-Demokratie, sagte er am Donnerstag an deren Wiege in Philadelphia. Das Land stehe an einem Wendepunkt: Trump und seine Helfer würden versuchen, 2024 die Macht an sich zu reißen, egal, wie die Wahlen ausgehen.

Biden hat recht. Dennoch ist er ein großes Risiko eingegangen, als er seine Analyse in einer Ansprache als US-Präsident zur besten Sendezeit ausbreitete. 71 Millionen Amerikaner haben ihre Stimme Trump gegeben, nur eine Minderheit hegt eine antidemokratische Gesinnung. Die anderen wählten ihn trotz seiner Ideologie: weil sie allen Politikern und Washington misstrauen, weil sie die Gefahr unter- und die Stärke der Institutionen überschätzen.

Die Chance, dass Trump im Herbst einen Denkzettel bekommt, ist gering

Diese Republikaner wollte Biden aufrütteln. Die Reaktionen lassen darauf schließen, dass er sie beleidigt und sein Ziel verfehlt hat. Er nahm das Risiko in Kauf, weil er verzweifelt ist und seine Basis mobilisieren will. Vereinzelt spüren gemäßigte Republikaner Auftrieb, und die Demokraten haben soeben in New York und Alaska unerwartet Wahlen gewonnen.

Plötzlich gibt es eine Chance, dass Trump und seine Helfer im Herbst einen Denkzettel erhalten. Aber sie ist klein. Die gemäßigten Republikaner hatten schon oft Gelegenheit, sich von ihm zu distanzieren, doch er hat Partei und Basis fest im Griff.

Die Amerikaner stünden der bedenklichen Entwicklung nicht machtlos gegenüber, sagte Biden. Doch es ist zu befürchten, dass gerade übermächtige Kräfte am Wirken sind.

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