Bundestag:Drittes Geschlecht im Geburtenregister möglich

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Neben "weiblich", "männlich" und "keine Angabe" kann künftig auch "divers" ausgewählt werden. (Foto: Peter Steffen/dpa)
  • Neben "männlich", "weiblich" und "ohne Angaben" kann im Geburtenregister künftig auch "divers" ausgewählt werden.
  • Für spätere Änderungen muss eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt werden.
  • Der Lesben- und Schwulenverband kritisiert, Intersexualität werde mit dem Gesetz auf körperliche Abweichungen eingeengt. "Divers" solle allen Menschen offenstehen.

Menschen mit einem "dritten Geschlecht" können im Geburtenregister neben "männlich" und "weiblich" künftig auch "divers" auswählen. Mit den Stimmen von Union und SPD verabschiedete der Bundestag ein entsprechendes Gesetz am späten Donnerstagabend. Die Neuerung zielt auf intersexuelle Menschen, deren Körper weibliche und männliche Merkmale aufweisen. Auch "ohne Angaben" kann weiterhin ausgewählt werden.

Wenn ein Kind nach der Geburt weder eindeutig männlich noch eindeutig weiblich ist, kann der Eintrag im Geburtenregister zu einem späteren Zeitpunkt beim Standesamt geändert werden. Das gilt auch in Fällen, in denen nach der Geburt ein falsches Geschlecht gewählt wurde. In diesen Fällen wird es auch möglich sein, den Vornamen des Betroffenen zu ändern.

Ärztliches Attest nötig

Für diese späteren Änderungen muss eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt werden, um nachzuweisen, dass eine "Variante der Geschlechtsentwicklung" vorliegt, wie es im Gesetz heißt. Eine Ausnahme gilt für Personen, deren Geschlechtsvariante nach einer früheren medizinischen Behandlung nicht mehr oder nur durch eine unzumutbare Untersuchung nachgewiesen werden kann. In diesen Fällen reicht eine eidesstattliche Versicherung.

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Kritik entzündet sich vor allem an der medizinischen Nachweispflicht. Der jetzige Schritt könne nur ein Anfang sein, sagte Elisabeth Kaiser (SPD); es brauche auch eine Reform des Transsexuellengesetzes. Kaiser verlangte wie auch Redner von FDP und der Linken eine Orientierung an Selbstbestimmung und Selbstwahrnehmung des Menschen. Sven Lehmann (Grüne) sagte: "Niemand kann über sein Geschlecht besser Auskunft geben als jeder Mensch selbst."

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) teilte die Ablehnung. "Änderungen des Vornamens und des rechtlichen Geschlechts müssen auf Antrag beim Standesamt möglich sein", erklärte die Organisation. "Entwürdigende Begutachtungen und Pathologisierungen müssen abgeschafft werden." Für ein Attest sprach sich Marc Henrichmann (CDU) aus. Es sei nötig, weil es "objektiver Kriterien" für das Geschlecht bedürfe. AfD-Fraktionsvize Beatrix von Storch forderte ein ausführliches amtsärztliches Gutachten.

Der LSVD kritisierte zudem, Intersexualität werde mit dem Gesetz auf körperliche Abweichungen eingeengt. Der Geschlechtseintrag "divers" solle allen Menschen offenstehen, "die ihn benötigen und die ihn wollen". "Entwürdigende Begutachtungen und Pathologisierungen müssen abgeschafft werden", sagte Vorstandsmitglied Henny Engels. Auch brauche es ein Verbot geschlechtsangleichender Operationen an Kindern.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Herbst 2017 entschieden, dass die bisherige Rechtslage gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstoße. Die Richter verlangten eine Neuregelung bis Ende dieses Jahres. Bettina Margarethe Wiesmann (CDU) versprach im Bundestag zudem eine größere Reform für 2019.

© SZ.de/kna/afp/saul - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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