Griechenland-Krise:Juncker lehnt Telefonat mit Tsipras ab

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Bilder aus besseren Tagen: EU-Kommissionspräsident Juncker legt dem griechischen Premier Tsipras die Hand auf die Schulter. (Foto: REUTERS)
  • EU-Kommissionspräsident Juncker lehnte eine Anfrage zum Telefongespräch mit Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tspiras ab.
  • Ein Athener Regierungssprecher dementierte die Berichte zunächst. Die EU-Kommission legte aber nach.
  • Es ist höchst ungewöhnlich, dass der EU-Kommissionspräsident einen solchen Vorfall öffentlich macht.
  • Am Abend telefonierte Tsipras mit Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande.

"Keine Fortschritte"

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat eine Bitte von Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras, noch am Samstag zu telefonieren, zurückgewiesen. Das bestätigte eine Sprecherin der EU-Kommission. Als Begründung hieß es, es gebe keine Fortschritte in den Gesprächen mit den Gläubigern und der EU. Die Regierung in Athen habe eine für Donnerstag zugesagte Liste mit Reformvorschlägen noch nicht vorgelegt. "Es gab keine neuen Entwicklungen und damit auch nichts zu diskutieren", fügte ein Kommissionsvertreter hinzu.

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Bei den Diskussionen unter den Ministern der Euro-Zone geht es derzeit mehr um Ideologie als um Ökonomie. Schuld daran ist nach Ansicht mancher Beteiligter der umstrittene Grieche Yanis Varoufakis. Einiges spricht dafür, dass sich alle auf den Ausstieg Athens vorbereiten.

Von Cerstin Gammelin

Zuvor waren Berichte über das abgelehnte Telefonat von einem nicht namentlich genannten Vertreter der griechischen Regierung dementiert worden. Der unbeantwortete Anruf sei ein "Märchen", hieß es. "Der griechische Vorschlag ist und bleibt auf dem Tisch. Wir warten auf die Kommentare der Institutionen".

Ungewöhnliche Brüskierung

Dass Juncker die Verweigerung des Telefonats öffentlich macht, ist ungewöhnlich. Juncker und Tsipras hatten am Mittwoch in Brüssel über einen Kompromissvorschlag der Geldgeber beraten. Am Freitag war Tsipras erneut in Brüssel erwartet worden, aber nicht gekommen. Stattdessen hatte er im Parlament in Athen die Reformliste der Euro-Zone und des Internationalen Währungsfonds (IWF) als absurd zurückgewiesen.

Seine Regierung werde dem "unter keinen Umständen" zustimmen, sagte Tsipras mit Blick auf die Forderungen von EU und IWF, unter anderem durch Rentenkürzungen weitere drei Milliarden Euro einzusparen. Zugleich hatte er aber gesagt, eine Einigung sei nahe wie nie. "Wir wissen, dies ist Teil des Theaters, aber wir müssen nicht in jedem Akt des Dramas mitspielen", sagte der Kommissionsvertreter.

Der mögliche Kompromiss

Juncker, Tsipras und Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem hatten am vergangenen Mittwoch Kompromisslinien für ein Reformpaket ausgelotet, das Voraussetzung ist für die Auszahlung blockierter Hilfsgelder von insgesamt 7,2 Milliarden Euro. Juncker drang vor allem gegenüber dem Internationalen Währungsfonds (IWF) auf eine einheitliche Linie beim wichtigen Primärüberschuss (Budgetüberschuss vor Zinszahlungen). Die Geldgeber bieten jetzt jetzt für das laufende Jahr ein Prozent an, nach drei Prozent zuvor. Mit dem, was die Institutionen (Kommission, IWF, Europäische Zentralbank) anböten, müsste man bis Ende März 2016 nicht mehr auf neue Mittel aus nationalen Haushalten zugreifen, hieß es. Die Zeit für Athen wird knapp: Nach dem Zahlungsaufschub durch den IWF muss Griechenland bis zum 30. Juni etwa 1,6 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen. Am 30. Juni läuft das zweite Rettungspaket der internationalen Geldgeber aus.

Telefonat mit Merkel und Hollande

Ein Gespräch nicht abgelehnt haben offenbar Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef Hollande. Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte einen Bericht, wonach der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras noch am Abend vor dem Beginn des G-7-Gipfels mit den beiden telefonierte. Wie es aus Kreisen der Regierung in Athen hieß, vereinbarten die drei Politiker, sich am Mittwochabend in Brüssel am Rande des EU-Gipfels mit den Ländern Lateinamerikas und der Karibik zu treffen.

Auch beim G7-Gipfel wird es um Griechenland gehen

Die Rettung Griechenlands dürfte auch besonderen Raum beim G7-Gipfel einnehmen. Am Rande des Spitzentreffens wird es mit Sicherheit Gespräche über die äußerst angespannte Finanzlage des Krisenlandes geben, berichteten Diplomaten kurz vor dem am Sonntag beginnenden Gipfel. In der Krise sei der Westen entschlossen, Einigkeit zu zeigen. Die Front der G7-Partner sei "recht geschlossen". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) empfängt auf dem bayerischen Schloss Elmau die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen. Neben Deutschland gehören dazu Frankreich, Italien, Großbritannien, Japan, Kanada und die USA. Juncker wird in der Elmauer Spitzenrunde neben EU-Ratspräsident Donald Tusk als EU-Vertreter sitzen.

© SZ.de/dpa/AFP/Reuters/cmy/mahu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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