Europäische Rüstungspolitik:Neuer Anlauf beim Panzerprojekt

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Ein Leopard-2-Kampfpanzer (links) und eine Panzerhaubitze bei einer Nato-Übung in Litauen. (Foto: Kay Nietfeld/DPA)

Es hatte zuletzt gehakt bei den deutsch-französischen Rüstungsprojekten. Nun versuchen die Verteidigungsminister, beim Kampfpanzer doch noch zusammenzukommen.

Von Mike Szymanski, Berlin

Die Verteidigungsminister von Deutschland und Frankreich wollen einen Versuch unternehmen, die stockende Entwicklung eines gemeinsamen Kampfpanzers doch noch zum Erfolg zu führen. Bei einem Arbeitstreffen von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mit seinem französischen Amtskollegen Sébastien Lecornu am Montag in Berlin verabredeten beide Seiten, ihre militärischen Stäbe mit einem Grundlagenpapier zu beauftragen, das festhalten soll, was diese von einem Kampfpanzer erwarteten.

Ein Panzer der nächsten Generation werde den heutigen "in nichts ähneln", sagte Lecornu, er müsse den Anforderungen einer Armee auch in den Jahren 2050, 2060 und später gerecht werden. Bis zum nächsten Treffen, das voraussichtlich am 22. September im französischen Évreux stattfinden wird, soll dem französischen Minister zufolge Klarheit über "Form und Umfang dieses Panzers" herrschen, entsprechende Vorschläge könne man dann den Regierungschefs vorlegen.

Zuletzt ging beim Panzerprojekt wenig voran

Die Botschaft der beiden Minister kommt überraschend, schließlich deutet sie darauf hin, dass das Projekt noch einmal an eine Art Anfang gesetzt werden soll. Dabei hatten Deutschland und Frankreich bereits 2017 eine engere Zusammenarbeit bei Rüstungsvorhaben vereinbart. Beim Panzerprojekt geht es darum, für 2035 einen Nachfolger für den in Deutschland eingesetzten Leopard 2 und die französischen Leclerc-Panzer zu entwickeln. Zuletzt ging aber kaum noch etwas voran, was zunehmend zur Belastung für das deutsch-französische Verhältnis wird.

Am Montag stellte Pistorius klar: "Wir wollen dieses gemeinsame Projekt." Im Detail geht es darum, wer welchen Anteil am neuen Panzer entwickelt, es geht um Know-how und um Arbeitsplätze.

Regelrecht verhakt haben sich beide Seiten in der Frage, wer die Kanone herstellt. In einem vertraulichen Bericht des Verteidigungsministeriums für den Haushaltsausschuss, der über das Milliardenprojekt wacht, heißt es: Im Panzerbau habe die deutsche Industrie "einen Vorsprung an Erfahrung und technologischer Expertise". Beispielsweise bei der Kanone möchte Deutschland demnach eine "sichtbare Führungsrolle" einnehmen. Aber damit ist die französische Seite nicht einverstanden, sie will ihre Panzerindustrie gleichermaßen berücksichtigt sehen.

Auch beim Kampfflugzeug-System hakt es

Noch komplizierter wird das Vorhaben, weil es politisch mit einem weiteren Rüstungsprojekt verknüpft ist. Neben einem Kampfpanzer der nächsten Generation wollen Deutschland und Frankreich, sowie neuerdings auch Spanien, ein Kampfflugzeugsystem der nächsten Generation entwickeln. Bei diesem Projekt sieht sich Frankreich in einer Führungsrolle, erlebt aber, wie Deutschland seine industriepolitischen Interessen durchzusetzen versucht. Bei beiden Projekten - Panzer wie Flugzeug - lässt sich festhalten: Sie kommen nur langsam voran, wenn überhaupt.

Pistorius hat sich offenbar für dieses Treffen mit seinem Amtskollegen vorgenommen, die Verantwortlichkeiten noch einmal festzulegen: Im Grundsatz, sagt er bei dem gemeinsamen Auftritt, hätten sie sich darauf verständigt, dass Frankreich beim Jet die Führungsrolle einnehme und Deutschland beim Panzerprojekt. "Diese Einigung ist klar erzielt worden", führte Pistorius aus. Lecornu betonte allerdings, dass die beteiligten Industrien Vorschläge unterbreiten müssten, danach werde die Politik die "Verteilungsschlüssel definieren", also festlegen, wer was macht.

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Pistorius räumte ein, dass es in der Vergangenheit in diesen Fragen Differenzen gegeben habe. Beim Treffen sei es aber auch darum gegangen, Lösungen zu finden: Beispielsweise könnten für den Panzer auch zwei Hauptwaffensysteme, also Kanonen, entwickelt werden. Das erhöhe den Wettbewerbscharakter in dem Projekt. "Auch das ist denkbar", sagte er.

Skeptisch zeigte sich der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz. "Die Kanonenfrage ist zentral", sagte er der SZ. "Was bringt eine Milliarden Euro teure Neuentwicklung, wenn doch wieder nur jede Seite ihr Ding macht?" Er sieht das Projekt inzwischen an einem kritischen Punkt angelangt: "Wir müssen überall sparen. Hier sehe ich ein Vorhaben, das nicht wirklich vorankommt."

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