Deutsch-türkische Beziehungen:Türkische Nato-Soldaten beantragen Asyl in Deutschland

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Türkische Nato-Soldaten haben in Deutschland Asyl beantragt. (Foto: AFP)
  • Etwa 40 hochrangige türkische Nato-Soldaten haben aus Angst vor Gefängnis und Folter Asyl in Deutschland beantragt.
  • Der Antrag könnte die deutsch-türkischen Beziehungen erneut belasten und den EU-Flüchtlingspakt in Gefahr bringen.

Seit Monaten ist Deutschlands Verhältnis zur Türkei angespannt. Die Armenier-Resolution des Bundestages, die Kritik an der türkischen Politik nach dem gescheiterten Putsch im vergangenen Juli und nicht zuletzt die umstrittene Schmähkritik von Jan Böhmermann haben für Unmut bei Präsident Recep Tayyip Erdoğan gesorgt. Dass nun türkische Nato-Soldaten Asyl in Deutschland beantragt haben und diese Anträge auch geprüft werden, dürfte nicht zur Entspannung beitragen.

Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel und die ARD-Sendung "Report Mainz" berichten, bei den Asylsuchenden handle es sich um etwa 40 zumeist hochrangige Militärs, die bislang in Nato-Einrichtungen in Deutschland stationiert gewesen seien. Wenige Woche nach dem Putschversuch in der Türkei seien sie aus dem Dienst entlassen worden. "Wenn ich in die Türkei zurückgehe, riskiere ich, verhaftet und womöglich gefoltert zu werden", sagte einer der Offiziere den Berichten zufolge. Mit dem Putschversuch in der Türkei habe er nichts zu tun. Die Soldaten beschuldigen Präsident Recep Tayyip Erdoğan, prowestliche und säkulare Haltungen von Türken im Militär systematisch zu bestrafen.

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In türkische Medienberichten sollen ehemalige türkische Nato-Soldaten als Terroristen bezeichnet worden sein. Insbesondere Nato-Mitarbeiter, die in der Region Ramstein leben, seien als Anhänger des Predigers Fetullah Gülen dargestellt worden. Diesen macht Erdoğan für den Putschversuch verantwortlich. Nach dem gescheiterten Putsch wurden in der Türkei mehr als 125 000 Staatsbedienstete suspendiert und etwa 41 000 festgenommen, unter ihnen viele Militärangehörige.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und das Bundesinnenministerium wollen den Fall behandeln wie andere Asylanträge auch. Der Zeitpunkt ist allerdings heikel, da Kanzlerin Angela Merkel am Donnerstag zu politischen Gesprächen in die Türkei reist.

Nach Artikel 16a des Grundgesetzes genießen politisch Verfolgte Asylrecht in Deutschland. "Es gibt keinen Zweifel, dass wir diese Soldaten nicht in die Türkei zurückschicken können", zitiert der Spiegel den CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer. "Sie würden dort sofort im Gefängnis landen." Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen, sagt: "Das Asylverfahren ist rein rechtlich, politische Erwägungen dürfen dabei keine Rolle spielen und werden es auch nicht."

Auch in Griechenland haben Mitglieder der türkischen Armee Zuflucht gesucht. Dies acht Männer sollen am Putsch beteiligt gewesen sein. Nachdem der griechische Oberste Gerichtshof die Auslieferung abgelehnte, hat die türkische Regierung bereits Konsequenzen angedroht. Nun werde laut dem türkischen Staatssender TRT ein bilaterales Rücknahmeabkommen für Flüchtlinge beendet. Auch der Flüchtlingspakt mit der EU sei in Gefahr.

© SZ.de/dpa/AFP/Reuters/lot - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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