Jean-Claude Juncker plant den größten Umbau der Europäischen Kommission seit ihrer Gründung. Wie die Süddeutsche Zeitung am Dienstag in Brüssel erfuhr, will der designierte Chef der Gesetzgebungsbehörde sein Kommissarskollegium künftig entlang der europäischen Kern-Projekte organisieren.
Konkret will er die 27 Kommissare in sechs bis sieben Gruppen aufteilen, die Kernprojekte wie den Aufbau der Energieunion und des "digitalen Binnenmarktes", die Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion oder die Umsetzung des 300-Milliarden-Euro Investitionspaketes vorantreiben sollen.
Um die Projektgruppen zu leiten, wird jeweils ein Kommissar zum Vizepräsidenten befördert. Die übrigen Kommissare erhalten wie bisher ein eigenständiges Portfolio, für das sie verantwortlich sind. Sie werden weitgehend flexibel und je nach Bedarf in den einzelnen Projektgruppen mitarbeiten. So werde beispielsweise der künftige Handelskommissar sowohl bei der Außenpolitik, beim Investitionspaket und bei der Wirtschafts- und Währungsunion zuarbeiten.
Die "Super-Vizepräsidenten", wie sie in Brüssel heißen, erhalten dagegen keine inhaltliche Zuständigkeit. Sie sind allein für das jeweilige EU-Kern-Projekt zuständig, sie sollen Juncker "vollumfänglich vertreten und seine Autorität in ihrem jeweiligen Bereich ausüben können." Anders als bisher werden sie damit auch politisch für die Umsetzung der Projekte verantwortlich sein. Juncker könnte dadurch die Freiheit gewinnen, auf Krisen und neue Herausforderungen auch mit schnellen personellen Wechseln reagieren zu können.
Der Kommission gehören der Behördenchef sowie 27 Kommissarinnen und Kommissare an. Sie vertreten die 28 EU-Mitgliedsstaaten. Bisher hatten alle Kommissare einen eigenen Aufgabenbereich. Sie waren im Kollegium gleichberechtigt und konnten individuell Gesetzesvorschläge einbringen. Zwar gab es bereits Vizepräsidenten. Sie spielten jedoch bislang keine herausragende Rolle.
Junckers will mit dem Vorstoß die andauernde Kritik beenden, die Kommission sei schwerfällig, bürokratisch und agiere an den Bedürfnissen von Unternehmen und Bürgern vorbei. Diese Vorwürfe werden als ein Grund dafür angesehen, dass Europa und die europäischen Institutionen unter Bürgern in den vergangenen Jahren an Zustimmung verloren haben.