Debatte in der SPD:Rütteln an der schwarzen Null

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Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (r), und der SPD-Vorsitzende und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel unterhalten im Willy-Brandt-Haus in Berlin. (Foto: dpa)

Mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz fordert nun auch ein Vertrauter von SPD-Chef Gabriel staatliche Investitionen. Notfalls mithilfe neuer Schulden.

Von Nico Fried, Berlin

In der SPD mehren sich Stimmen, die einem drohenden Abflauen der Konjunktur mit staatlichen Investitionen begegnen wollen - notfalls auch auf Kosten des von der Bundesregierung geplanten Verzichts auf eine Neuverschuldung. Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, der auch Mitglied im SPD-Präsidium ist, sagte, man müsse "beides tun - die Haushalte sanieren und investieren". Dies gelte für Europa und für Deutschland, sagte Schulz dem Tagesspiegel. "Es ist immer behauptet worden, wir müssten nur die Haushalte sanieren, und dann kommen Investoren und Wachstum von ganz alleine", so Schulz. Diese These habe sich in Europa als falsch erwiesen, "und sie darf auch in Deutschland kein Dogma sein". Nicht umsonst lasse der Stabilitäts- und Wachstumspakt eine Verschuldung von bis zu drei Prozent zu.

Die Äußerungen von Schulz sind bemerkenswert, weil Parteichef und Vizekanzler Sigmar Gabriel erst in der vergangenen Woche entsprechende Überlegungen vom linken Flügel der SPD abgebügelt hatte. Sowohl im Parteivorstand wie auch in der Bundestagsfraktion hatte Gabriel zwar nicht ausgeschlossen, dass die schwarze Null wegen der sich eintrübenden Konjunktur nicht zu halten sei, zugleich aber an seine Parteifreunde appelliert, diese Debatte jetzt nicht zu führen. Sinngemäß sagte Gabriel, wenn es schlechte Nachrichten gebe, sollten diese von der Union verkündet werden müssen. CDU und CSU hatten nach der Bundestagswahl auf einem ausgeglichenen Haushalt bestanden, zugleich aber auch Steuererhöhungen strikt abgelehnt.

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Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) verteidigte die Bemühungen um die Haushaltskonsolidierung. Die schwarze Null sei kein Wert an sich, so Albig gegenüber der Welt am Sonntag. Es gehe um Vertrauen der Märkte in solide Finanzpolitik. Die Bundesländer hätten sich auf der Ausgabenseite sehr angestrengt, dies dürfe man nun nicht zunichte machen. Albig forderte allerdings erneut verstärkte Investitionen in die Infrastruktur. Dafür müsse man "mittelfristig mehr Einnahmen organisieren".

Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will investieren - ohne aber 2015 neue Schulden aufzunehmen. "Wir müssen mehr investieren und unsere Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Da müssen wir ran - und zwar bald und konkret", sagte er der Welt am Sonntag. Die Kritik an der Bundesregierung sei in dem Punkt berechtigt. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) forderte, alle Vorhaben der großen Koalition auf Wirtschaftsfreundlichkeit zu überprüfen. "Durch die neue wirtschaftliche Situation hat sich auch die politische Geschäftsgrundlage in Berlin verändert. Die Koalition kann nicht dogmatisch an allem unbeirrt festhalten, was vor einem Jahr vereinbart worden ist", sagte Söder der Bild am Sonntag, "Wir brauchen einen Konjunktur-Check für alle Vorhaben der Regierung.

© SZ vom 20.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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