Wirtschaftspolitik:Söder will alle Regierungspläne neu bewerten

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Markus Söder (CSU) stellt den Koalitionsvertrag in Frage. (Foto: dpa)
  • "Alles, was der Wirtschaft schadet, muss auf bessere Zeiten verschoben werden": Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) schlägt einen "Konjunktur-Check" für Regierungspläne vor.
  • Damit stellt er den Koalitionsvertrag in Frage. Als Beispiele für nötige Neubewertungen nennt er den Mindestlohn und die Rente mit 63 und schließt sich damit Parteikollegen an.
  • Der CSU-Politiker fordert zudem eine Änderung der Regeln für Risikokapitalgeber.
  • Kritik an der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung kommt auch von EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD).

So argumentiert der bayerische Finanzminister

Angesichts der eingetrübten Konjunkturaussichten fordert Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU), alle Vorhaben der großen Koalition auf ihre Wirtschaftsfreundlichkeit zu überprüfen. Durch die neue wirtschaftliche Situation habe sich "auch die politische Geschäftsgrundlage in Berlin" verändert, sagte der CSU-Politiker der Bild am Sonntag. Die Koalition könne deshalb "nicht dogmatisch an allem unbeirrt festhalten, was vor einem Jahr vereinbart worden ist". Nötig sei nun vielmehr ein "Konjunktur-Check" für sämtliche Vorhaben der Regierung. Dabei müsse eine klare Regel gelten: "Alles, was der Wirtschaft schadet, muss auf bessere Zeiten verschoben werden."

Diese Pläne stellt Söder ausdrücklich zur Diskussion

Als Beispiele nannte der CSU-Politiker die geplante Pflegeauszeit, den Mindestlohn und die Rente mit 63. Zudem kritisierte er Pläne für eine Einschränkung von Teilzeitarbeit und Arbeitsbefristung. Dazu dürfe es nicht kommen, sagte Söder.

Zuletzt hatten sich in der Union Forderungen gemehrt, wichtige Koalitionsvorhaben zu verschieben. Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, Peter Ramsauer (CSU), hatte bereits am Mittwoch im Deutschlandfunk die Aussetzung der Rente mit 63 und eine Verschiebung des Mindestlohns angesprochen. Die Bundesregierung hat bislang Änderungen des Koalitionsvertrags ausgeschlossen.

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Kapitalgeber sollen Vorteile bekommen

Zur Verstärkung der privaten Investitionen in Deutschland schlug Söder in der Bild am Sonntag zugleich eine Änderung der Risikokapitalgesetzgebung vor. Kapitalgeber, die ihr Geld in kreative Firmen und Start-ups investieren, sollten künftig ihr eingesetztes Geld als Sofortabschreibung von ihrem Gewinn abziehen können. Mit dieser Maßnahme, so Söder, könnten "viele Milliarden privaten Kapitals zur Stärkung der Konjunktur und zur Schaffung neuer Jobs mobilisiert werden".

Kritik an Berliner Wirtschaftspolitik auch von Martin Schulz

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hat derweil den strikten Sparkurs der Bundesregierung in Frage gestellt. Die These, wonach Haushaltssanierung automatisch zu Investitionen und Wachstum führe, habe sich "in Europa als falsch erwiesen", sagte der SPD-Politiker dem Tagesspiegel. Dieser Kurs dürfe deshalb "auch in Deutschland kein Dogma sein". Schulz sprach sich erneut dafür aus, sowohl die Haushalte zu sanieren als auch zu investieren.

Angesichts der lahmenden Wirtschaft und massiver Haushaltsprobleme in einigen Staaten wie Frankreich wird in Europa seit geraumer Zeit über die richtige Balance zwischen Sparpolitik und einer durch Investitionen geförderten Wachstumspolitik diskutiert. Besonders Staaten wie Italien und Frankreich fordern mehr Spielraum beim Sparen zugunsten von Investitionen und rufen Deutschland immer wieder dazu auf, mehr für die Belebung der europäischen Wirtschaft zu tun.

© SZ.de/Reuters/AFP/dpa/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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