CSU-Klausur:Lauter Männer über 50

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CSU-Chef Söder übt sich in neuer Harmonie mit der Schwesterpartei CDU und deren Chef Friedrich Merz. (Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Die CSU verspricht den "Aufbruch 22", doch während der zweitägigen Klausur der Bundestagsabgeordneten steht keine einzige Frau auf der Rednerliste.

Von Thomas Balbierer, Berlin

Die CSU hat sich Mühe gegeben mit den Details, schließlich soll von der Klausur ihrer Bundestagsabgeordneten das Signal eines Neustarts ausgehen. "Aufbruch 22" lautete das Motto nach dem schmerzhaften Sturz in die Opposition. Also präsentierte sich die Partei in einer modernen Eventlocation auf einem ehemaligen Berliner Industriegelände, machte kernige Ansagen an die "Chaos-Ampel" aus SPD, Grünen und FDP und setzte sich mit neuen Farben in Szene: Das klassische CSU-Blau ist im Bühnenbild und auf Plakaten einem frischen Türkis mit gelben Akzenten gewichen.

Ein nicht unwesentliches Detail haben die Organisatoren des Aufbruchs, die laut Beschlusspapier für "Chancengerechtigkeit für Frauen und Männer" kämpfen wollen, jedoch übersehen: die Frauen. Bei dem zweitägigen Treffen am Mittwoch und Donnerstag traten ausschließlich Männer vor die Presse, weibliche Gäste schafften es weder vor noch hinter den Kulissen auf die Rednerliste.

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Stattdessen erklärten Männer oft weit jenseits der 50 ihre Sicht auf die Welt: Landesgruppenchef Alexander Dobrindt attackierte die Bundesregierung für zu zaghaftes Handeln in Sachen Inflation und Russland-Konflikt; der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, wägte das Für und Wider von Waffenlieferungen in die Ukraine ab; NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) wehrte als Nachwuchshoffnung der Union bereits Fragen nach einer möglichen Kanzlerkandidatur 2025 ab. Und dann waren da noch die beiden Parteichefs Markus Söder (CSU) und Friedrich Merz (CDU), die sich neuerdings als ziemlich beste Freunde präsentieren.

Bei ihrem ersten gemeinsamen Auftritt in der Öffentlichkeit nach Merz' Wahl zum Parteichef betonten sie ihre "kollegiale und freundschaftliche Zusammenarbeit" (Merz) sowie einen "ganz engen, persönlich vertrauensvollen Umgang miteinander" (Söder). Dass die beiden Politiker das so demonstrativ hervorheben mussten, hat damit zu tun, dass sie sich über Jahre in tiefer Abneigung verbunden waren. Als die CDU nach dem Rücktritt von Annegret Kramp-Karrenbauer 2020 einen neuen Vorsitzenden suchte, machte Söder aus seiner Ablehnung des Kandidaten Merz kein Geheimnis. Es reiche nicht, "alles so wie vor 20 Jahren" zu machen, raunte Söder damals und kanzelte Merz als Politiker von gestern ab. Merz verlor die Wahl gegen Armin Laschet.

Merz macht deutlich, dass er keine Querschüsse aus München brauchen kann

Dass er nun trotzdem als CDU-Chef neben Söder stand, hat sich dieser zum Teil selbst eingebrockt: Indem er Laschets Kanzlerkandidatur im Wahlkampf 2021 mit ständigen Querschlägen torpedierte, befeuerte er Laschets Niederlage und den anschließenden Rückzug. Was Merz nach der Wahl wiederum zum Anlass nahm, mit der CSU abzurechnen. "Stillos, respektlos und streckenweise rüpelhaft" sei deren Verhalten gewesen. Vergeben und vergessen, beteuerten nun beide. "Das ist Geschichte, da sprechen wir nicht mehr drüber", sagte Merz am Donnerstag. Söder hatte bereits im Januar öffentlich Reue bekundet: "Das tut uns leid, das tut mir leid. Das muss und wird anders werden." Neuerdings bejubelt der ehemalige Merz-Verhinderer sogar dessen voraussichtliche Wahl zum neuen Unionsfraktionschef im Bundestag.

Der Grund für die neue Harmonie: Die Unionspolitiker befinden sich in einer Art Schicksalsgemeinschaft, in der der eine den jeweils anderen für den Erfolg braucht. Die CSU muss sich 2023 Wahlen in Bayern stellen, in der CDU kämpfen in diesem Jahr die Ministerpräsidenten im Saarland, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein um ihr Amt. Querschüsse aus München kann die Partei nicht brauchen, das machte Merz bei seinem Auftritt bei der CSU deutlich. "Du kannst dich auf uns verlassen", antwortete Söder. Fast wortgleich hatte Bayerns Ministerpräsident seine Unterstützung Armin Laschet im letzten Bundestagswahlkampf versprochen. Das Ende ist bekannt.

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