Scholz und Altmaier:Doppelt hält besser

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Optimismus ist erste Ministerpflicht: Olaf Scholz (vorne) und Peter Altmaier erklären das Konjunkturprogramm in der Corona-Krise. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Olaf Scholz und Peter Altmaier haben die Chance, sich als Krisenduo zu beweisen. Wie schnell sich Deutschlands Wirtschaft erholt, hängt aber nicht nur von ihrem Konjunkturpaket ab.

Von Nico Fried, Berlin

Was diese zwei Minister vorhaben, hat das Land noch nicht gesehen. Doch eben das gilt auch für die Krise: Die Arbeitslosigkeit ist so schnell gestiegen wie noch nie. Es braucht ungewöhnliche Maßnahmen, um aus der Rezession herauszukommen. Der Wirtschafts- und der Finanzminister sind dazu bereit. Im Februar 1967 beschließen Karl Schiller (SPD) und Franz Josef Strauß (CSU) deshalb, 2,5 Milliarden D-Mark in die Bahn und in die Post, in Straßen und in die Wissenschaft zu investieren. Im Herbst desselben Jahres legen sie noch mal 5,3 Milliarden nach. Es sind die ersten Konjunkturprogramme in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

Die zwei Steppkes Olaf Scholz und Peter Altmaier kennen sich zu der Zeit noch gar nicht, sind aber in einer Hinsicht schon sehr nah beieinander: Nur vier Tage lagen zwischen der Geburt des heutigen Finanzministers am 14. und des heutigen Wirtschaftsministers am 18. Juni 1958. Fast genau 62 Jahre später präsentieren sich die Herren auch politisch ganz eng, als sie am Freitag berichten, dass das Bundeskabinett in einer Sondersitzung die ersten Teile ihres Konjunkturpakets gegen die Corona-Krise beschlossen hat. Senkung der Mehrwertsteuer, 300 Euro Bonus je Kind und verbesserte steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten sind die wichtigsten Elemente des Programms.

Dessen Dimensionen lesen sich anders als damals: 130 Milliarden Euro sollen ausgegeben werden. In D-Mark umgerechnet ist das ungefähr das 30-Fache dessen, was die Vorgänger seinerzeit aufboten. Und 2020 kommen noch die riesigen Soforthilfeprogramme aus der Anfangszeit der Krise hinzu, die Ausgaben für die Kurzarbeit sowie mehrere Hundert Milliarden Euro, die Deutschland für die Rettung der europäischen Wirtschaft zuschießt.

Der Spiegel-Autor Felix Rexhausen benannte 1967 das so gegensätzliche und doch harmonische Duo Schiller und Strauß als Plisch und Plum. Vorbild sind zwei Hunde aus einem Gedicht von Wilhelm Busch, die mit den Ministern im Jahr 2020 noch mehr gemeinsam haben als mit deren Vorgängern: Zu Beginn der Geschichte sollen Plisch und Plum nämlich ertränkt werden, was noch vor wenigen Monaten - natürlich rein politisch - auch auf Altmaier und Scholz zutraf: Den CDU-Politiker hatte zumindest CSU-Chef Markus Söder eindeutig auf der Liste, als ihm eine Erneuerung des Kabinetts vorschwebte. Und dem SPD-Mann bereitete die eigene Partei eine herbe Niederlage, als sie ihn als Vorsitzenden verschmähte.

Die Corona-Krise hat beiden noch mal eine Chance gegeben. So bilden sie inzwischen eine Art Schicksalsgemeinschaft, duzen sich, bekunden "große Geschlossenheit" (Altmaier) und treten am Freitag zum vierten Mal binnen weniger Wochen gemeinsam vor die Presse, wobei Scholz diesmal immer als erster redet, was er wohl nicht aus einem Recht als Erstgeborener herleitet, sondern aus seiner Rolle als Gastgeber im Finanzministerium.

Ob Scholz und Altmaier mit so vorteilhaftem Leumund in die Geschichte eingehen wie 1967 das Duo Schiller und Strauß (die sich später noch mächtig zofften), wird vom Erfolg des Konjunkturprogramms abhängen. Optimismus ist dabei erste Ministerpflicht - und der unterscheidet sich bei Scholz und Altmaier auch nur insofern, als der eine einen "Hoffnungsschimmer" sieht, der andere hingegen einen "Silberstreif".

Besonders bedeutsam wird sein, ob die Wirtschaft die Senkung der Mehrwertsteuer an die Kunden weitergibt - und die sich von niedrigeren Preisen zum Einkaufen animieren lassen. Scholz sagt, er habe "das ganz feste Gefühl, dass das auch tatsächlich so stattfinden wird". An etwaige Pessimisten gewandt, fährt er fort: Man könne ja "an allem rumnörgeln" und immer zu denen gehören, "die in der Ecke sitzen und sagen, es wird alles definitiv schlecht ausgehen". Allerdings, so Scholz, könne man "kein Land regieren, wenn man so eine Haltung hat".

Bei Schiller und Strauß stellte sich der Erfolg sehr schnell ein. Schon 1968 war die Zahl der Arbeitslosen um zwei Drittel auf nur noch 200 000 gesunken. Allerdings galt im Nachhinein nicht das Konjunkturprogramm als Grund für die Belebung des Wachstums, sondern der anziehende Export. In dieser Hinsicht ist das Risiko in der Corona-Krise bedeutend größer, wie Altmaier mit Blick auf die ungewisse wirtschaftliche Lage in den USA, China und anderen Weltregionen einräumt.

Gleichwohl sieht er Deutschland in der Lage, als "Konjunkturlokomotive der Weltwirtschaft" einen Beitrag zur Überwindung der Krise zu leisten. Und wenn es dazu eines gewissen sprachlichen Enthusiasmus bedarf, soll das an Peter Altmaier nicht scheitern: Man setze darauf, sagt der Wirtschaftsminister in einem besonders überschwänglichen Moment, "dass wir zuerst ein Stabilitätsanker im Sturm sind und anschließend die Segel wieder mit vollem Kurs voraus werfen können".

© SZ vom 13.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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