Corona-Impfung:Bewerber ohne Impfung? - "Dann sind sie nicht die richtigen Personen"

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Stelle am Klinikum Essen? Künftig nur mit Impfnachweis. (Foto: Universitätsklinikum Essen)

Das Uniklinikum Essen will nur noch geimpftes Personal einstellen. Der Ärztliche Direktor fordert "höchstes Verantwortungsgefühl" von seinen Mitarbeitern - und klare Entscheidungen von der Politik.

Interview von Anna Ernst, München

Während Politiker über Impfpflichten für spezielle Berufsgruppen noch uneins sind, geht ein Krankenhaus im Ruhrgebiet mit eigenen Vorgaben voran. Die Uniklinik in Essen will nur noch geimpftes Personal einstellen. Der Ärztliche Direktor Jochen Werner, 63, möchte damit auch ein Zeichen senden.

SZ: Warum haben Sie sich zu diesem Schritt entschlossen?

Jochen Werner: Wir müssen dieses Krankenhaus so führen, dass möglichst wenig an Infektionen eingetragen wird. Für den Patienten ist der einzelne Nichtgeimpfte ein Risiko und zwar ein viel höheres als ein Geimpfter. An unserer Klinik haben wir durch unser Transplantationszentrum und das Onkologische Zentrum eine der größten immungeschwächten Patientengruppen überhaupt in Deutschland. Diese Patienten haben ein besonders hohes Risiko, nach einer Infektion zu versterben. In Frankreich hat die Politik es bereits umgesetzt, dass nur Geimpfte in Krankenhäusern arbeiten dürfen. Für Deutschland ist das aber momentan noch nicht absehbar. Und da haben wir gesagt: Zumindest bei neuen Einstellungen haben wir als Klinik eine gewisse Einflussmöglichkeit.

Und nun wollen Sie Ungeimpfte ablehnen?

Zunächst würden wir ihnen natürlich ein Impfangebot machen. Aber wenn Bewerber sagen, dass sie sich nicht impfen lassen wollen, dann sind sie nicht die richtigen Personen für uns. Für uns ist es essenziell, dass die Mitarbeiter ein höchstes Verantwortungsgefühl für die Patienten - und auch für die Kollegen - verkörpern.

Impfungen für medizinisches Personal gab es schon früh. Warum gehen Sie diesen Schritt erst jetzt?

Ich habe schon vor Monaten gefordert, dass sich etwa der Ethikrat klar dazu äußert, wer geimpft werden muss. Man kann es nicht dem einzelnen Arbeitgeber überlassen. Es muss Regeln geben. Nach diesen Äußerungen verglich man mich mit Nazis und nannte mich den "Mengele-Arzt". Mit Beginn der vierten Welle sehen wir jetzt vor allem die Ungeimpften auf der Intensivstation. Wir erleben, dass auch das Personal teils geschockt ist, dass es schon wieder losgeht. Wir haben gesagt: Es gibt noch immer keine politischen Vorgaben, aber wir können nicht mehr warten.

Der Ärztliche Direktor des Universitätsklinikums Essen, Jochen Werner. (Foto: Universitätsklinikum Essen)

Gibt es denn einen hohen Anteil von ungeimpften Mitarbeitenden bei Ihnen?

Wir sind über 85 Prozent geimpft, aber bei 10 400 Mitarbeitenden im Unternehmen bedeutet das natürlich, dass wir trotzdem eine noch immer relevante Anzahl Ungeimpfter haben. Natürlich ist das eine kleine Schraube, an der wir nun drehen, aber es hat eine Aussagekraft.

Ist es angesichts des Pflegemangels nicht schwierig, auf ungeimpfte Pflegekräfte von vornherein verzichten zu wollen?

Wir haben noch nie jeden genommen. Wir sind eine Uniklinik, und bei uns muss man eine extrem hohe Expertise mitbringen. Sicherlich wird eine ungeimpfte Pflegekraft andernorts eine gute Stelle finden. Aber eben nicht an der Essener Universitätsklinik.

Haben Sie als Arbeitgeber auch über Freistellungen oder Kündigungen von Ungeimpften nachgedacht?

Nein. Wir klären natürlich auf. Aber wir wollen diese Mitarbeitenden, die die vergangenen 20 Monate hochengagiert an vorderster Front mitgearbeitet haben, auch nicht abstrafen. Aber wenn mögliche Ausbrüche wiederkommen in einem großen Krankenhaus, dann muss man schauen, wie man damit umgeht.

Was erwarten Sie von der Politik?

Ich würde mich extrem freuen, wenn es klare Vorgaben gibt - bundesweit. Ich hoffe auf ein klares Statement, dass in Bereichen mit vulnerablen Gruppen in Krankenhäusern und Pflegeheimen nur geimpftes Personal arbeiten sollte.

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