Hochtechnologie:Eine Dortmunder Fabrik wird zum Spielball der Weltpolitik

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Ist nach dem Streit um den Hamburger Hafen in den Blickpunkt geraten: der Halbleiterhersteller Elmos. (Foto: Elmos Semiconductor SE)

Über Umwege will der Halbleiterhersteller Elmos seine Chipfertigung an einen chinesischen Konzern verkaufen. Und die Welt fragt sich: Lernen es die Deutschen denn nie?

Von Claus Hulverscheidt, Berlin

Manchmal reiben sie sich vielleicht noch die Augen in Dortmund-Eichlinghofen, wie es passieren konnte, dass ausgerechnet sie über Nacht zum Spielball der großen Weltpolitik geworden sind. Doch genauso ist es: Der Halbleiterhersteller Elmos will seine Chipfertigung im Ruhrgebiet an den schwedischen Wettbewerber Silex abgeben. Das Geschäft ist mit einem Verkaufspreis von 85 Millionen Euro im globalen Maßstab eher klein und hätte in anderen Zeiten wohl nur die Lokalpresse interessiert. Doch es gibt ein Problem: Der schwedische Käufer Silex gehört zu 100 Prozent zu Sai Microelectronics - einem IT-Konzern aus China.

Der Fall erinnert damit frappierend an den geplanten Einstieg des chinesischen Logistikriesen Cosco beim Hamburger Hafen, der die Bundesregierung gerade erst in eine Art Tumult gestürzt hatte. Diesmal war eigentlich weniger Aufhebens geplant - bis jetzt das Handelsblatt über den Fall berichtete. Demnach neigt das Bundeswirtschaftsministerium dazu, die Übernahme der Dortmunder Fabrik durch Silex zu genehmigen - und im Ausland, von Paris bis Washington, fragt man sich erneut: Lernen die Deutschen denn nie, dass ein Verkauf von Hochtechnologie und kritischer Infrastruktur an China nach den Erfahrungen mit der Pandemie und dem russischen Überfall auf die Ukraine nicht mehr zeitgemäß ist?

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Im Wirtschaftsministerium bestreitet man, dass die Sache schon entschieden sei. Im Gegenteil, die Prüfung, ob die Umsetzung der Pläne die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Deutschland gefährden könnte, laufe noch. Das Kanzleramt, das diese Woche den Einstieg von Cosco beim Hamburger Hafen gegen den Widerstand aller beteiligten Ministerien durchgedrückt hatte, will von der parallel laufenden Untersuchung des Falles Elmos überhaupt "erst aus der Presse" erfahren haben. Auf die Frage, ob eine Genehmigung angesichts der Haltung der USA, der Westen müsse China vom Zugang zu amerikanischer und europäischer Hochtechnologie abschneiden, überhaupt noch denkbar sei, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit: "Auch wir haben die Äußerungen und Wünsche der amerikanischen Regierung und die Skepsis, die es da gibt, wahrgenommen."

Laut Handelsblatt hat auch der Verfassungsschutz Bedenken gegen einen Verkauf der Dortmunder Chipfabrik. Zwar handle es sich hier, anders als beim Hamburger Hafen, nicht um einen Teil der kritischen Infrastruktur, über die ein Land tunlichst die Hoheit behalten sollte. Es stelle sich aber die Frage, ob Deutschland und Europa weitere wichtige IT-Produktionskapazitäten an Länder wie China verkaufen sollten. Die Befürworter des Geschäfts argumentieren dagegen, dass die Übernahme der Fabrik Arbeitsplätze in Deutschland sichere. Zudem handle es sich bei den in Dortmund gefertigten sogenannten 350-Nanometer-Wafern um ein seit vielen Jahren etabliertes Produkt. China gelange mit dem Zukauf somit nicht an neues westliches Know-how.

Alle reden also über Elmos - nur Elmos selbst redet nicht: Angesichts des laufenden Prüfverfahrens, so sagte ein Firmensprecher am Freitag, könne man zu aktuellen Fragen keinen Kommentar abgeben.

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