Christdemokraten:Thüringen-Votum entzweit die CDU

Lesezeit: 2 min

Karin Prien, stellvertretende Vorsitzende der CDU, nimmt im Konrad-Adenauer-Haus Stellung zu den Vorgängen in Thüringen. (Foto: Frank Gaeth/Imago)

Die Führungsspitze versucht, den gemeinsamen Beschluss der Christdemokraten in Erfurt mit der AfD zu rechtfertigen. Andere verurteilen ihn scharf. Wie groß sind die Differenzen in der Partei?

Von Robert Roßmann, Berlin

Um die Größe des Bebens zu ermessen, das die Thüringer CDU in der Union ausgelöst hat, schaut man an diesem Montag am besten auf Karin Prien. Die Spitze der CDU hat gerade getagt - zum ersten Mal seit dem gemeinsamen Votum der Thüringer Landtagsabgeordneten von CDU, AfD und FDP. Jetzt steht Karin Prien zusammen mit Generalsekretär Carsten Linnemann im Foyer der CDU-Zentrale, um über die Ergebnisse der Sitzung zu berichten.

Linnemann und Prien möchten vor allem über die Migrations- und die Bildungspolitik reden. Doch die meisten Fragen drehen sich um die Vorfälle in Thüringen. Linnemann und Prien bemühen sich zwar darum, die Wogen zu glätten. Sie berichten von angeblich konstruktiven Gesprächen im Präsidium und im Bundesvorstand ihrer Partei. Der Thüringer CDU-Chef Mario Voigt habe sein Vorgehen erklärt und dafür viel Zustimmung bekommen. Aber genaue Aussagen darüber, wie viele CDU-Granden Voigt zugestimmt haben - und wie viele nicht - vermeiden Linnemann und Prien.

Prien ist, das sollte man wissen, nicht nur stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende. Sie ist auch Bildungsministerin im Kabinett des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther und dessen Stellvertreterin im CDU-Landesvorsitz. Günther hat das Verhalten der Thüringer Christdemokraten scharf verurteilt. CDU-Chef Friedrich Merz hat Günthers Kritik als "Einzelmeinung" abgekanzelt. Und was macht jetzt Karin Prien?

Merz hat die Kritik des Ministerpräsidenten aus Kiel als "Einzelmeinung" abgekanzelt

"Daniel Günther und mich verbinden fast sieben Jahre engster und vertrauensvoller Zusammenarbeit", sagt Prien. Sie kenne kaum einen Politiker, mit dem sie so viele Grundüberzeugungen teile. Doch bei der Bewertung der Thüringer Ereignisse unterscheiden sich selbst Günther und Prien. Prien hat die Kritik der politischen Konkurrenz an der CDU sogar als "fast schon infam" zurückgewiesen.

Wenn schon Günther und Prien dermaßen auseinanderliegen, kann man sich vorstellen, wie groß die Differenzen zwischen anderen Christdemokraten sind. Eine gute Beziehung wie ihre zu Günther halte Meinungsunterschiede aus, sagt Prien. Aber was machen die Christdemokraten, die sich schon vor der Thüringer Entscheidung nicht grün waren?

Linnemann und Prien versuchen deshalb, die eigenen Reihen mit Kritik an der politischen Konkurrenz zu schließen. "Wir würden uns wünschen, wenn sich Lars Klingbeil und die SPD ein bisschen mehr Gedanken dazu machen würden, welchen Beitrag sie eigentlich leisten können, das Anwachsen der AfD in den Griff zu kriegen", sagt Prien. Und Linnemann wirft der rot-rot-grünen Minderheitsregierung in Thüringen vor, auch schon zusammen mit der AfD abgestimmt zu haben.

Alle Nachrichten im Überblick
:SZ am Morgen & Abend Newsletter

Alles, was Sie heute wissen müssen: Die wichtigsten Nachrichten des Tages, zusammengefasst und eingeordnet von der SZ-Redaktion. Hier kostenlos anmelden.

Außerdem weisen Linnemann und Prien Behauptungen zurück, es habe im Erfurter Landtag Absprachen der CDU mit der AfD gegeben. Mario Voigt habe versichert, dass es keine Absprachen gab, sagen beide. Damit ist nach dem Auftritt von Linnemann und Prien zumindest eines klar: Sollte irgendwann herauskommen, dass es doch eine Absprache gab, hätte Voigt gelogen.

In Thüringen gibt es übrigens schon den nächsten CDU-Gesetzentwurf, der Ärger machen dürfte. Mit einem "Korrekte-Sprache-Gesetz" wollen die Christdemokraten "Gendersprache" verbieten.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusCDU
:Linnemann, geh du voran

Der neue Generalsekretär hat eine gewaltige Aufgabe übernommen. Eigentlich soll er aus der CDU wieder eine Partei machen, an der kein Weg vorbeiführt. Nur: Jetzt muss er erst mal Friedrich Merz retten.

Von Boris Herrmann und Robert Roßmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: