CDU-Parteitag in Hannover:Die Frauen, die Energie und andere Sorgen

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Mario Czaja, Friedrich Merz und Silvia Breher (von links) bereiten sich auf den CDU-Parteitag vor. (Foto: dpa)

Wenig Zeit, viel Programm - das sind die Vorzeichen für den 35. Bundesparteitag der CDU. Aber können es überhaupt alle Delegierten pünktlich nach Hannover schaffen? Die Frage geht an Bahn und SPD.

Von Boris Herrmann, Berlin

Vermutlich ist die CDU nicht alleine schuld daran, dass für Freitag nahezu allen Züge zwischen Berlin und Hannover eine "außergewöhnlich hohe Auslastung" prognostiziert wird. Aber die Chance, im Gerangel um die letzten Stehplätze auf ein Mitglied der Unionsfraktion zu treffen, ist relativ hoch.

Nach inoffiziellen Zählungen werden unter den 1001 Delegierten des CDU-Parteitages in Hannover auch 110 Abgeordnete der Bundestagsfraktion sein. Gut 100 Christdemokratinnen und Christdemokraten müssen also am Freitag um die Mittagszeit so schnell wie möglich von Berlin nach Niedersachsen kommen. Das Ende der Sitzungswoche im Bundestag ist für 12.15 Uhr anvisiert. Der Parteitag in der Messehalle von Hannover beginnt um 13 Uhr. Das wäre selbst dann schwer zu schaffen, wenn die deutschen Fernzüge regelmäßig eine halbe Stunde Verfrühung hätten.

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"Das ist knapp gestrickt", räumt Mario Czaja ein, als CDU-Generalsekretär gewissermaßen der Cheforganisator des Parteitages. Offenbar hat es sich nicht anders stricken lassen, Terminschwierigkeiten, Hallenbelegungsplan. Und so klebt diese politische Großveranstaltung nun auf höchst ungewöhnliche Weise an einer Bundestagshaushaltswoche. Czaja zufolge hat es einmal die "parlamentarische Gepflogenheit" gegeben, in solchen Fällen die Sitzungswochen zu verkürzen. Man habe das bereits im Februar mit den Fraktionen der Ampelkoalition besprochen. "Dazu konnten die sich aber nicht durchringen. Das ist schade", sagt Czaja. Dem Vernehmen nach hat sich die SPD quergestellt, Sozialdemokraten und Christdemokraten lassen derzeit nur wenige Gelegenheiten aus, sich gegenseitig zu ärgern.

Wie üblich geht der CDU-Parteitag mit einer ökumenischen Andacht los. Um 14 Uhr soll dann aber auch schon der Parteivorsitzende Friedrich Merz zu den Delegierten sprechen - und an dieser Stelle ist es jetzt wirklich mal von praktischem Vorteil, dass die CDU eine gemeinsame Fraktion mit der CSU bildet. Um nämlich den Christdemokraten zu ermöglichen, vielleicht auch schon einen Zug früher zu nehmen, damit sie rechtzeitig bei Merz in Hannover sind, sollen die Christsozialen gebeten worden sein, am Freitag möglichst geschlossen bis zum Ende der Sitzung im Plenarsaal zu bleiben - und gern auch die vorderen Stuhlreihen einzunehmen. Wenn es in den vergangenen Jahren nur immer so gut geklappt hätte mit der Arbeitsteilung.

Über die Frauenfrage wird Freitagabend abgestimmt

Auf ihrem ersten Präsenzparteitag seit knapp drei Jahren will die CDU über wichtige Satzungsänderungen abstimmen, die zuletzt pandemiebedingt nicht entschieden werden konnten. Dazu gehört der Posten einer stellvertretenden Generalsekretärin, den Christina Stumpp von Merz schon vor Monaten versprochen bekommen hat, den es aber formell noch gar nicht gibt. Dazu gehört aber vor allem die mit Spannung erwartete Abstimmung über die Einführung einer verbindlichen Frauenquote in der CDU. Sie soll am Freitagabend stattfinden.

Klar ist aber auch: Die CDU kann im Kriegs- und Krisenherbst keinen Parteitag veranstalten, in dem sich alles um die eigene Satzung dreht. Deshalb steht zunächst einmal ganz bewusst der Leitantrag des Bundesvorstandes mit dem Titel "Klarer Kurs für sichere Energie und eine starke Wirtschaft" auf der Tagesordnung. In einem Entwurfspapier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, fordert die CDU unter anderem "mehr staatliche Kontrolle" über die Gasspeicher sowie eine 1000-Euro-Energiepauschale für Menschen mit geringem Einkommen. Angesichts der Weltlage kommt auch die CDU zu dem Schluss: "Freiheit hat ihren Preis."

Neben ihrer Grundwerte-Charta will die Partei in Hannover insgesamt 484 inhaltliche Anträge behandeln, viele davon konnten auf den letzten digitalen Parteitagen nicht beraten werden. Außerdem soll von Hannover auch ein kräftiges Signal zur Unterstützung von Bernd Althusmann ausgehen, der an Ort und Stelle bald eine Landtagswahl gewinnen will. Schließlich hat auch noch ein Grußwort von CSU-Chef Markus Söder seinen Platz in der Tagesordnung. Ziemlich viel Programm für 26 Stunden Parteitag inklusive Nachtruhe.

Am Samstag gegen 15 Uhr soll nämlich schon wieder Schluss sein. Es ist Beschlusslage in der so familien- wie kirchenfreundlichen CDU, dass der Sonntag politikfrei ist.

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