Christina Stumpp hat jetzt ein Namensschild. Als der CDU-Bundesparteitag am Freitagmittag begann, war Stumpps Name noch nirgends im Saal zu lesen. Doch es sollte ihr Tag werden, so hatte sich Parteichef Friedrich Merz das gedacht - und planmäßig wählen die Delegierten Christina Stumpp dann auch zur ersten stellvertretenden Generalsekretärin der CDU-Geschichte. Gleich nach der Wahl wird Stumpps Namensschild auf der Bühne am Vorstandstisch drapiert. Ihr Platz ist nun ganz vorn.
Schon vergangenen Winter war Friedrich Merz im Dreigestirn mit ihr und Mario Czaja ins Rennen um den Parteivorsitz gegangen, Czaja sein Generalsekretär, Stumpp dessen Stellvertreterin. Merz selbst gab sich als Modellkonservativer, aber ihm war klar, um die gesamte Partei mitzunehmen, würde er auch Brückenbauer im Team brauchen - und eine Frau. Auch deshalb dürfte er den neuen Posten für Stumpp geschaffen haben.
Mal eine ketzerische Frage, Frau Stumpp: Schafft Czaja den Job nicht allein? "Nach diesem desaströsen Ergebnis bei der Bundestagswahl ist uns allen klar, wir müssen unsere Partei erneuern", sagt die 34-Jährige, "da gibt es jetzt genügend Aufgaben." Soll heißen: Czaja ist zwar der hauptsächliche Organisator, soll auch meist den Außenminister der CDU geben. Aber bestimmte Themen fallen in Stumpps neues Aufgabengebiet. Die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und politischer Arbeit will sie verbessern, die Probleme kenne sie als berufstätige Mutter ja selbst. Und sie hat sich zum Ziel gesetzt, mehr junge Menschen und Frauen für die CDU zu gewinnen.
"In der Vergangenheit war ich eher gegen eine Frauenquote"
Der Frauenmangel in der Partei und in ihren Gremien sowie Fraktionen im Speziellen sind auch auf diesem Parteitag in Hannover große Themen. Die Partei verpasst sich nach harter Debatte eine Quote und nimmt, auch das ist umstritten, die Forderung nach "Gleichstellung" von Mann und Frau in ihre neue Grundwertecharta auf. Stumpp gibt nach der Abstimmung zu: "In der Vergangenheit war ich eher gegen eine Frauenquote." Sie sei ja auch ohne eine solche Regelung recht weit gekommen in der Partei.
CDU:"Die Quote bringt uns nichts"
Die 22-jährige Lilli Fischer ist die jüngste Delegierte auf dem CDU-Parteitag - und hat mit Verve gegen eine Frauenquote gekämpft. Die Abstimmung hat sie verloren, aber ihre wichtigste Frage bleibt: Wie muss die CDU ihre Strukturen verändern, damit Frauen eintreten?
Aber der Kompromiss, für den Parteichef Merz geworben hat, sei ein guter: schrittweise Anhebung der Quote, zunächst befristet bis Ende 2029. Das habe sie auch mitgetragen. Denn: "Was das Ziel angeht, sind wir uns alle einig - wir brauchen mehr Frauen in der CDU. Da hätte man in den letzten Jahren schon deutlich mehr machen müssen." Mit der Quote sei es aber jetzt nicht getan, es gehe, wie gesagt, auch um die Vereinbarkeit.
Zwei andere Dinge, um die sich Stumpp jetzt kümmern will: vom Konrad-Adenauer-Haus aus die Kommunalverbände stärken, die seien schließlich der Kern der Partei. Und sie will was für den sogenannten ländlichen Raum tun. Zwei Themen, die ihr besonders am Herzen liegen. Stumpp kommt aus Backnang in Baden-Württemberg, ihre Eltern führten einen landwirtschaftlichen Betrieb. Sie ist ausgebildete Verwaltungswirtin und hat einen Bachelor in Steuerrecht. Kurze Zeit war sie Sachbearbeiterin im Finanzamt Waiblingen, ehe sie von 2012 an in verschiedenen Landesministerien arbeitete, zuletzt als persönliche Referentin des baden-württembergischen Landwirtschaftsministers.
In die CDU ist sie 2003 eingetreten, sie sitzt im Stadt-, Kreis- und Regionsvorstand. Vergangenes Jahr setzte Stumpp, die junge Frau, sich parteiintern gegen zwei männliche Mitbewerber um die Bundestagskandidatur durch - und gewann auf Anhieb das Direktmandat in Waiblingen. Jetzt, mit 34 Jahren, will sie mithelfen, ihre Partei neu zu formen. "Bei der Bundestagswahl haben wir es nicht geschafft, den Wählerinnen und Wählern zu erklären, wofür wir stehen", sagt Stumpp. "Wir müssen den Markenkern der CDU stärker herausstellen." An Aufgaben für die neue Vize-Generalsekretärin dürfte es also nicht mangeln.