CDU:"Die Quote bringt uns nichts"

CDU: Jung, selbstbewusst und Kritikerin der Frauenquote: Die Erfurter CDU-Politikerin Lilli Fischer

Jung, selbstbewusst und Kritikerin der Frauenquote: Die Erfurter CDU-Politikerin Lilli Fischer

(Foto: Paul Blau)

Die 22-jährige Lilli Fischer ist die jüngste Delegierte auf dem CDU-Parteitag - und hat mit Verve gegen eine Frauenquote gekämpft. Die Abstimmung hat sie verloren, aber ihre wichtigste Frage bleibt: Wie muss die CDU ihre Strukturen verändern, damit Frauen eintreten?

Interview von Boris Herrmann, Hannover

Lilli Fischer, 22, Stadträtin von Erfurt, ist die jüngste Delegierte des CDU-Parteitags in Hannover. Im Interview erklärt sie, weshalb sie gegen die Einführung einer Frauenquote in ihrer Partei gestimmt hat.

SZ: Frau Fischer, was ist so schlimm an der Quote?

Fischer: Im Gegensatz zu anderen verteufle ich die Quote nicht aus ideologischen Gründen. Für mich steht an erster Stelle das Argument: Die Quote bringt uns nichts. Da stehen nicht plötzlich 20 Frauen bei mir am Stand auf dem Markt und sagen, ach jetzt trete ich in die CDU ein, weil ihr habt ja die Frauenquote.

Geht es nicht auch darum, Repräsentation nach außen zu schaffen, also mehr Frauen in die vorderen Reihen zu bringen?

Wenn es eine Partei in Deutschland gibt, die Repräsentation von Frauen in Führungsämtern schafft, dann ist es doch die CDU: Angela Merkel, Annegret Kramp-Karrenbauer, Ursula von der Leyen. Wir können Frauen offensichtlich in die erste Reihe stellen. Darauf hat man sich in der Partei immer ausgeruht. Aber in der Struktur der Partei hat sich dadurch nichts konkret verändert. Jetzt machen wir quasi den zweiten Schritt vor dem ersten. Erst müssten wir uns Gedanken machen: Wie muss ich die Strukturen so verändern, damit Frauen eintreten.

Selbst wenn es so wäre, dass die Quote der CDU nichts bringt, richtet Sie denn Schaden an?

Jetzt haben wir die Quote. In fünf Jahren müssen wir sie evaluieren. Ich freue mich, wenn man dann sagen kann, dass sie funktioniert hat. Ich glaube aber nicht, dass das der Fall sein wird. Es gibt zum Beispiel das Problem mit den leeren Stühlen. Wenn eine Frau nicht antritt, dann bleibt der Platz frei. Das ist für mich ein Irrsinn an der Quote. Wenn es einen qualifizierten Mann gibt, dann soll der doch meinetwegen dafür kandidieren.

Ihr Parteivorsitzender Friedrich Merz bestreitet, dass es mit der jetzt verabschiedeten Regel zu leeren Stühlen kommt.

Naja, ich glaube, das beruht auf der Hoffnung, dass man dann schon irgendwo eine Frau findet, die es dann macht. Diese Quote gilt ja jetzt beispielsweise auch in unseren Sonderorganisationen, wozu auch der RCDS (Ring Christlich-Demokratischer Studenten, Anm. d. Red.) gehört. Es gibt Hochschulgruppen des RCDS, wo es keine Frauen gibt, beispielsweise an technischen Universitäten. Und dann muss da jetzt ein Stellvertreterposten frei bleiben, weil das muss ja paritätisch sein.

Das Ziel von Merz ist es, mit der Quote mehr Frauen in die Partei zu locken.

Unter den Quotengegnern haben jetzt einige gepostet, dadurch macht sich die CDU bei Frauen unwählbar. Soweit würde ich nicht gehen. Ich glaube halt, dass es an dem eigentlichen Problem vorbeigeht. Neun von zehn Frauen entscheiden sich lieber, in den Elternbeirat zu gehen als in eine Partei. Also muss es etwas mit den Strukturen zu tun haben. Bei uns im Kreisvorstand tagen wir in der Regel um 18.30 Uhr. Das ist die Zeit, wo Kinder fertig gemacht werden fürs Bett, wo es Abendbrot gibt, wo man vielleicht nochmal über die Hausaufgaben guckt. Und die Kinderbetreuung liegt nun einmal noch zum größten Teil bei den Müttern. Deshalb hat die Struktur- und Satzungskommission ja eigentlich sehr produktive Vorschläge gemacht, mit Mentoring-Programmen, mit politischer Elternzeit, mit hybriden Sitzungen, mit festen Anfangs- und Endzeiten. Ich verstehe nicht, warum man dazu dann auch noch das Fass der Quote aufmachen muss.

Warum sind ausgerechnet die jungen Frauen gegen die Quote und die älteren tendenziell eher dafür?

Das ist eine Generationenfrage. Das finde ich total spannend. Meine Vermutung ist, dass sich heute andere Chancen für uns bieten. Egal, wo man hinkommt, ist es ja so, dass man als junge Frau, die sich engagiert, mit Handkuss genommen wird. Auch die Männer in unserer Partei sehen inzwischen, dass es doof aussieht, wenn man zu einer Wahl ohne Frauen antritt. Man sieht auch an den paritätischen Listenaufstellungen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein, dass es schon so etwas wie eine imaginäre Quote gibt.

Ist es nicht eine Ironie der Geschichte, dass nun Friedrich Merz die real existierende Frauenquote in der CDU durchgesetzt hat?

Denise Bittner aus Berlin hat das gestern auf den Punkt gebracht: Das ist hier die CDU, wir sollten immer den Anspruch haben, die beste Lösung zu haben. Und nicht die zweitbeste, wie Merz die Quote nennt. Dass Friedrich Merz das mitmacht, hat glaube ich viele schockiert. Dieses Quotenthema ist etwas, was man ihm nicht zugetraut hätte in dieser Art und Weise.

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