CDU/CSU:Die Konservativen haben Angst

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Die Kanzlerin möchte die Union aus der konservativen Ecke führen - und erntet Kritik. Die CSU hat Angst, "innerlich ausgezehrt" zu werden.

Stefan Braun

Als Reaktion auf den liberalen, neuen Wählerschichten zugewandten Kurs der CDU hat die CSU ihre Schwesterpartei vor einer Auszehrung der Volksparteien gewarnt. Nach der Vorstandsklausur der CDU in der vergangenen Woche wächst in den Reihen der CSU offenbar die Sorge, dass der vom CDU-Vorstand abgesegnete Kurs von Angela Merkel die Unionsparteien in eine Sackgasse führen könnte.

CSU-Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel: Die Berliner Erklärung darf erst der Anfang sein. (Foto: Foto: Reuters)

Der neue Vorsitzende der CSU-Zukunftskommission, Manfred Weber, sagte der Süddeutschen Zeitung, es sei gut, dass die Partei der Kanzlerin "endlich über das unbefriedigende Wahlergebnis" vom vergangenen Herbst gesprochen habe. Die von der CDU verabschiedete Berliner Erklärung könne aber dabei nicht mehr sein als ein Anfang. "Konservativ, christlich, liberal, sozial - diese Begriffe allein sind zu wenig", betonte der Europaabgeordnete.

Weber, der das Amt des Vorsitzenden der früheren Grundsatz- und jetzigen Zukunftskommission vom früheren bayerischen Landtagspräsidenten Alois Glück übernommen hat, fürchtet vor allem, dass die schwindende Anziehungskraft der Union bei konservativen Wählern schwerwiegende Folgen haben könnte. "Ich habe die Sorge, dass eine Sammlungsbewegung rechts der Unionsparteien entsteht", sagte Weber.

Er kritisiert, dass die CDU zu sehr den Blick auf die Frage gelenkt habe, wie man kurzfristig beim Wähler Vorteile erlange. Wichtiger aber sei es, lebendige Volksparteien zu erhalten und engagierte Mitglieder und Mitstreiter auch dauerhaft für die Unionsparteien zu gewinnen.

Der bisherige Kurs der CDU beinhalte das Risiko, dass sich die Partei auf der Suche nach neuen Wählerschichten "innerlich auszehrt". Die Unionsparteien bräuchten deshalb "Emotionen und Mobilisierung, um eine Identifikation mit den Parteien zu ermöglichen." Davon lebten Volksparteien.

Massiv warnte Weber davor, die Wahlkampfstrategie vom Herbst 2009 auf die Zukunft zu übertragen. Die unter dem sperrigen Begriff "asymmetrische Demobilisierung" zusammengefasste Strategie, insbesondere den Anhängern von SPD, Grünen und Linkspartei keine Angriffsfläche zu bieten und dafür eine geringere Mobilisierung der eigenen Leute zu riskieren, führe "mittelfristig zur Auszehrung der Volksparteien", weil quasi für kein einziges kontroverses Thema wirklich gekämpft werde. Genau das jedoch brauche eine Volkspartei, wolle sie überleben.

Der CSU-Politiker sagte weiter, dass bei den Menschen nicht zuletzt wegen der Strategie der Eindruck entstehe, es gehe nicht um Überzeugungen, sondern "nur um Wahlen". Gerade dies aber sei ein wichtiger Grund für die wachsende Politikverdrossenheit. "Die Menschen müssen erkennen, was uns antreibt, was uns wichtig ist", so Weber. "CDU und CSU brauchen Mitglieder, die aus Überzeugung mitmachen."

Für Weber heißt das konkret: "Wer die gesamte Breite der Volkspartei Union abdecken will, der muss auch deutlich machen, dass wir für innere Sicherheit stehen, bei der Zuwanderung Grenzen ziehen und in der Außen- und Europapolitik deutsche Interessen durchsetzen wollen. Das fehlt."

Die CDU hatte auf ihrer Vorstandsklausur vergangene Woche den Öffnungskurs von Merkel einstimmig unterstützt. In der Berliner Erklärung beschloss sie, dass sich die CDU verstärkt um Wähler anderer Parteien bemühen wolle, den Modernisierungskurs fortsetzen und ihren treuen Anhängern die Veränderungen besser erklären werde.

© SZ vom 22.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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