Asyldebatte in der Union:Laschet: Nationale Alleingänge mit CDU-Politik nicht vereinbar

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  • An diesem Montag stehen wichtige Gremiensitzungen von CDU und CSU zum Asylstreit an.
  • Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Laschet (CDU) betont, dass nationale Alleingänge nicht mit CDU-Positionen zu vereinbaren seien - und die Kanzlerin daher im Asylstreit gar nicht nachgeben könne.
  • Bundesinnenminister Seehofer (CSU) rechtfertigt hingegen noch einmal seine Position.
  • Grünen-Chefin Baerbock wirft Seehofer vor, mit dem zugespitzten Streit das ganze Land "in Geiselhaft" zu nehmen.

Im Streit um die Asylpolitik könnten bei CDU und CSU an diesem Montag wichtige Entscheidungen getroffen werden. Getrennt voneinander beraten die Führungsgremien der Schwesterparteien in Berlin und München über den unionsinternen Konflikt, der zum Sprengsatz für die große Koalition werden könnte.

Mehrere CDU-Politiker betonten ihre Loyalität gegenüber Parteichefin Angela Merkel. "Die CDU steht hinter der Bundeskanzlerin. Die CDU steht hinter dem europäischen Ansatz", sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende und nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet vor einer CDU-Präsidiumssitzung in Berlin. Selbst wenn die Kanzlerin wolle, wäre es mit CDU-Politik nicht vereinbar, nationale Alleingänge zu machen und beispielsweise alle EU-Binnengrenzen zu schließen, um sie zu kontrollieren, sagte Laschet. So werde es die von ihm geführte nordrhein-westfälische Landesregierung nicht akzeptieren, dass etwa an der deutschen Westgrenze das Schengen-System offener Grenzen aufgegeben werde.

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer ging auf den Streit zwischen CDU und CSU ein, ohne dabei offen Kritik an der CSU zu üben. In einem für die Frankfurter Allgemeine Zeitung geschriebenen Gastbeitrag erinnerte sie an das europapolitische Erbe des verstorbenen Altbundeskanzlers Helmut Kohl (CDU). Dieser hätte "alles unternommen, um die Errungenschaft der offenen Grenzen zu verteidigen - immer in gegenseitiger Loyalität aller Europäer".

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Bundesinnenminister Horst Seehofer rechtfertigte vor den Beratungen hingegen noch einmal seinen bislang unveröffentlichten "Masterplan Migration", den er dem CSU-Vorstand am Vormittag vorstellen will. "Der Zusammenhalt Europas steht auf dem Spiel, ebenso der Zusammenhalt in Deutschland", schreibt der CSU-Chef ebenfalls in einem FAZ-Gastbeitrag. "Die Lage ist ernst, aber sie ist bewältigbar." Seehofer betonte, dass in 62 von 63 Punkten seines Plans "volles Einvernehmen mit der Bundeskanzlerin" vorliege. Wann genau er den Plan in Kraft setzen wolle, ließ er offen, doch betonte er, es sei "von entscheidender Bedeutung, dass der EU-Gipfel Ende Juni endlich zu Beschlüssen kommt".

Der Bundesinnenminister will Flüchtlinge direkt an der Grenze zurückweisen, die bereits in einem anderen EU-Staat registriert worden sind. Bundeskanzlerin Merkel lehnt einen deutschen Alleingang ab und wünscht sich eine europäische Lösung. Dafür hat sich die CDU-Chefin von den Unionsparteien Zeit bis zum kommenden EU-Gipfel Ende Juni erbeten. Seehofer wollte ursprünglich nicht so lange warten. Im Moment ist unklar, ob er der Kanzlerin diese Frist nicht doch gewähren wird.

Der "Masterplan" - noch weitgehend unbekannt

CSU-Generalsekretär Markus Blume sagte, dass der CSU-Vorstand Seehofer an diesem Montag "volle Rückendeckung" für seinen "Masterplan für schnellere Asylverfahren und konsequentere Abschiebungen" geben werde. "Wir wollen grundsätzlich die Asylwende schaffen", sagte Blume im ZDF-"Morgenmagazin".

Deutlicher wurde Grünen-Chefin Annalena Baerbock. Sie warf der CSU vor, im Asylstreit aus Eigeninteresse unverantwortlich zu handeln. "Dass die CSU jetzt das ganze Land in Geiselhaft für ihre eigenen Spielchen nehmen kann, das ist aus meiner Sicht brandgefährlich", sagte sie im Inforadio des RBB.

Seehofers Migrationsplan ist bislang in weiten Teilen noch unbekannt. Wie die Augsburger Allgemeine unter Berufung auf CSU-Kreise berichtet, enthält der "Masterplan" weitere Punkte, die zum Sprengstoff für die große Koalition werden könnten. Demnach will Seehofer Geldzahlungen an Flüchtlinge künftig einschränken und nahezu komplett auf Sachleistungen umstellen. Außerdem sieht das Konzept vor, den Zeitraum, in dem Asylbewerber nur einen Grundbedarf erstattet bekommen, bevor sie Leistungen auf dem Niveau der Sozialhilfe erhalten, von 15 auf 36 Monate zu verlängern.

In München wollte der CSU-Vorstand um zehn Uhr zusammentreten. In Berlin wollte sich am Vormittag zunächst das CDU-Präsidium und später der Bundesvorstand der Partei treffen. Gegen 14 Uhr wollen sowohl Merkel wie auch Seehofer vor die Presse treten. Am Sonntagabend hatte sich Merkel bereits mit dem engen CDU-Führungszirkel ausgetauscht. Ergebnisse des fast siebenstündigen Treffens wurden nicht bekannt.

© SZ.de/AFP/dpa/KNA/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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