Bundeswehr:Neuer Waffenfund erschüttert die Bundeswehr

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Reichlich illegale Waffen fanden die Ermittler bei der Familie aus dem Hochtaunuskreis. (Foto: LKA Hessen/dpa/dpa)

Ein Soldat aus Hessen, sein Vater und sein Bruder werden festgenommen. Im Besitz des 21-Jährigen: Kurz- und Langwaffen, Munition, eine Handgranate, Sprengmittel sowie ein Manifest mit Umsturzplänen. Alle drei sitzen in U-Haft.

Von Mike Szymanski, Berlin

Ein neuer Waffenfund bei einem Soldaten mit mutmaßlich rechtsextremer Gesinnung erschüttert die Bundeswehr. Spezialkräfte der hessischen Polizei haben am Samstag einen Hauptgefreiten festgenommen sowie Waffen und Munition sichergestellt. In einer Sporttasche des 21-Jährigen, der seinen freiwilligen Wehrdienst bei der Bundeswehr leistet, soll sich nach Informationen der Süddeutschen Zeitung ein selbsterstelltes Manifest befunden haben, der Titel: "Wie man die Macht in Deutschland übernehmen könnte." Der Mann hatte ersten Erkenntnisse zufolge offenbar den Bundestag und die Bundesregierung im Visier gehabt.

In der Nähe seines Wohnortes soll er Schießübungen durchgeführt haben. Es soll weiterhin durch ausländerfeindliche Äußerungen aufgefallen und in fragwürdigen Chatgruppen aktiv gewesen sein. Dem Vernehmen nach hat seine Ex-Freundin nach einem Streit die Polizei informiert. Bei früheren Sicherheitsüberprüfungen war der Mann offenbar nicht aufgefallen. Andere Hinweise, wonach er "Munitionsbunker" angelegt habe, bestätigten sich zunächst nicht. Ein Gartengrundstück sei überprüft worden, ohne dass die Polizei fündig wurde.

Auch zwei Verwandte des Mannes wurden festgenommen. Bei den Männern soll es sich um den Vater und um den Bruder des Soldaten handeln. Den Männern aus Glashütten im Hochtaunuskreis werde zur Last gelegt, "illegal Waffen und Munition gehortet und sich in rechtsextremer Weise geäußert zu haben", hieß es in einer Mitteilung des Landeskriminalamtes Hessen und der Staatsanwaltschaft Hanau vom Montag.

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Gegen rund 550 Bundeswehrsoldaten wird inzwischen wegen des Verdachts auf Rechtsextremismus ermittelt. Besonders betroffen: die Eliteeinheit KSK.

"Bei der Durchsuchung der Privat- und Diensträume wurden umfangreiche Beweismittel, darunter scharfe Schusswaffen, diverse Munition, Spreng- und Explosivstoff sowie Schriftstücke und Datenträger aufgefunden und sichergestellt", teilten die Behörden mit. Eine Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts Hanau habe gegen alle drei Männer Haftbefehle erlassen. Die Ermittlungen dauerten an, weitere Angaben könnten derzeit aus ermittlungstaktischen Gründen nicht gemacht werden.

Der Wehrdienstleistende ist in Pfullendorf stationiert

Der 21-jährige Heeressoldat ist an einem Standort in Pfullendorf in Baden-Württemberg eingesetzt. Dort hat das Ausbildungszentrum Spezielle Operationen seinen Sitz. Am frühen Sonntagmorgen sei die Unterkunft des Soldaten dort durchsucht worden.

Die Behörden ermitteln wegen Verdachts der Volksverhetzung und Verstoßes gegen das Sprengstoff-, Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz. Die Bundeswehr erklärte, die Strafverfolgungsbehörden würden bei ihren Ermittlungen unterstützt. Weitere Auskünfte könnten nicht gegeben werden.

Die Polizei stellte Kurz- und Langwaffen, Munition, eine Handgranate sowie Sprengmittel sicher. Dabei geht es nach ersten Erkenntnissen überwiegend um Material, das wohl nicht aus aktuellen Bundeswehrbeständen stammt. So handelt es sich bei der Handgranate wohl um ein Modell aus dem früheren Jugoslawien, bei den übrigen Funden könnte es sich zum Teil um Weltkriegsmunition handeln.

Zuletzt machte mehrfach das Kommando Spezialkräfte (KSK) im Zusammenhang mit Munitionsvorfällen Schlagzeilen. So war bei einem Kommandosoldaten aus Sachsen im Mai 2020 im Garten ein Waffenversteck mit Munition und Sprengstoff gefunden worden. Dieser Fall hatte dazu geführt, dass Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) den Verband seither komplett durchleuchten lässt.

Die 2. Kompanie, die Ausgangspunkt rechtsextremistischer Umtriebe war, wurde im Sommer 2020 bereits aufgelöst. Kramp-Karrenbauer knüpfte den Fortbestand des Verbandes an die Bedingung, dass er aus sich selbst heraus die Reform schafft. Die Bemühungen hatten jüngst einen schweren Rückschlag erlitten, nachdem bekannt wurde, dass der Kommandeur des KSK unrechtmäßig gehortete Munition einsammeln ließ, ohne dass dies für die Soldaten Konsequenzen hatte oder Ermittlungen nach sich zog.

Auch in den anderen Verbänden des Heeres ist der Umgang mit Munition in den Blick geraten, es laufen Generalinventuren, um einen Überblick zu bekommen, ob und wie viel Munition fehlt. Die Ergebnisse werden demnächst erwartet.

Auf den Fall in Hessen sind die Behörden offenbar unabhängig von schon laufenden Ermittlungen aufmerksam geworden. Sie bestärken aber die Befürchtungen, dass sich innerhalb der Bundeswehr rechtsextreme Netzwerke bilden könnten, die dann Zugang zu Waffen und Sprengstoff haben. Ministerin Kramp-Karrenbauer hatte eine Null-Toleranz-Strategie gegen Extremisten in Reihen der Bundeswehr angekündigt.

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