Verteidigungspolitik:AKK und das Millionen-Rätsel

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Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will die Finanzfragen ihres Hauses dieses Mal grundsätzlicher geklärt wissen. (Foto: Thomas Lohnes/Getty)

Laut Verteidigungsministerium ist die Finanzierung zahlreicher Projekte nicht geklärt, obwohl der Bundestag dafür längst Mittel bewilligt hat. Was ist da los? Über einen Streit, bei dem es ums Geld geht - und ums Prinzip.

Von Mike Szymanski, Berlin

Es kommt nicht alle Tage vor, dass Parteikollegen ein Ultimatum an die eigene Ministerin mittragen. Doch spätestens für diesen Freitag erwarten der Haushaltspolitiker Eckhardt Rehberg und der Verteidigungspolitiker Henning Otte von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, alle CDU, Aufklärung darüber, wo Millionen von Euro geblieben sind, die für bestimmte Rüstungsvorhaben im Haushalt bereits eingeplant waren. Ihre Drohung: keine Klarheit, keine Beschlüsse.

Dies geht aus einem Schreiben hervor, das die beiden CDU-Politiker zusammen mit dem SPD-Haushälter Dennis Rohde und der Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Sicherheits- und Verteidigungspolitik der SPD, Siemtje Möller, vergangene Woche aufgesetzt haben. Was war passiert?

Kramp-Karrenbauer will bis zur Sommerpause noch 35 Rüstungsvorhaben durch den Bundestag bringen. Doch für 15 der 35 Projekte sei bislang die Finanzierung nicht gesichert, so geht es aus einer Übersicht an die Parlamentarier von Anfang Mai hervor. Demnach fehlt das Geld etwa für zwei neue Tanker, für U-Boote, die gemeinsam mit Norwegen gebaut werden sollen. Auch für Kampfflugzeuge der nächsten Generation gibt es offenbar nicht genug Geld.

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Dies überraschte die Parlamentarier. Denn das Geld hatten sie doch eigentlich längst bewilligt. Für einen Großteil der Projekte seien im Haushalt sowie in der Finanzplanung "bereits entsprechende Mittel veranschlagt", schreiben sie. Wenn es nun heißt, die Projekte seien nicht finanziert, bleibt die Frage: Wo ist dann das Geld hin?

Die SPD bezeichnet das Vorgehen als "beispiellos"

Bei diesem scheinbaren Widerspruch dürfte es sich tatsächlich um ein politisches Manöver Kramp-Karrenbauers handeln. Die Ministerin will offenbar darauf hinweisen, dass sie sich um die langfristige Finanzierung ihrer Projekte sorgt. Die Kampfflieger der nächsten Generation etwa stehen noch so am Anfang, dass der Einstieg finanziert ist, aber noch lange nicht die Vollendung. Viele Vorhaben werden am Ende teurer, als am Anfang eingeplant. Kramp-Karrenbauer will die Finanzfragen dieses Mal grundsätzlicher geklärt wissen.

Bei ihrer Grundsatzrede vor mehr als einem halben Jahr hatte sie zweierlei klargemacht: Neue Großprojekte, "so attraktiv sie scheinen und so schön es wäre, die damit versprochenen Fähigkeiten zu haben", könnten nur dann realisiert werden, wenn dafür in der Finanzplanung zusätzliches Geld bereitgestellt werde.

Außerdem könne ihr Ministerium nicht alleine dafür sorgen, dass Deutschland seiner Rolle als sicherheitspolitischer Verbündeter gerecht werde. Die "langfristige Finanzlinie des Verteidigungshaushalts" müsse ein "gemeinsames Anliegen einer Regierung" sein.

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Nur, im Moment sieht es danach aus, dass der Verteidigungsetat auf mittlere Sicht schrumpft anstatt zu wachsen. Und freiwillig gibt kein anderes Ressort Geld her. Deshalb steht in der Übersicht über die anstehenden Projekte bei der Finanzierung jetzt auch "Bundeshaushalt" bei den gefährdeten Projekten, ohne dass damit geklärt wäre, wer zahlt.

Die finanzielle Ausstattung der Bundeswehr dürfte zu einer der zentralen Fragen im Wahlkampf werden. Diese Debatte über das Parlament zu befeuern, verärgert die Abgeordneten. Die SPD-Politikerin Siemtje Möller sagte der SZ: "Alle Beschaffungsprojekte sind für die Bundeswehr relevant." Es sei "äußerst irritierend, wie willkürlich und unbeholfen hier mit der Zukunft der Bundeswehr verfahren wird". Den Vorgang bezeichnet sie als "beispiellos". Tobias Lindner von den Grünen erklärte, die Ministerin sollte lernen, wie man "angemessen" mit dem Bundestag umgeht.

Im gemeinsamen Brief werfen die Abgeordneten der Regierungsfraktionen der Ministerin schlechte Kommunikation vor. Kramp-Karrenbauers Parteikollege Eckhardt Rehberg etwa, Abgeordneter aus Mecklenburg-Vorpommern, hatte sich in der Vergangenheit besonders für die maritime Wirtschaft stark gemacht, die einen Rückschlag erleiden würde, wenn tatsächlich kein Geld mehr etwa für neue Tanker zur Verfügung steht.

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