Die Bundestagsfraktion der Linken verlangt, dass die geltende Regelung zur Vergabe von Bundesverdienstkreuzen an Abgeordnete sofort abgeschafft wird. "Die Regelung ist ein bizarrer Brauch und ein Anachronismus", sagt Jan Korte, der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion. "Politische Eliten sollen sich nicht gegenseitig Orden umhängen." Die geltende Regelung sei "Quatsch und muss weg".
Bisher dürfen die Bundestagsfraktionen entsprechend ihrem Stärkeverhältnis Abgeordnete zur Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz vorschlagen. In der vergangenen Legislaturperiode erhielten auf diese Weise 25 aktuelle und ehemalige Abgeordnete den Orden. Die Unionsfraktion kam dabei zwölfmal zum Zug, die SPD-Fraktion sieben Mal. Vier Orden gingen an FDP-Politiker, zwei an Grüne.
"Wie haben in der vergangenen Legislaturperiode von dieser Regelung keinen Gebrauch gemacht - und wir werden sie auch künftig nicht nutzen", sagt Korte. Wenn man Politiker auszeichnen wolle, solle man zum Beispiel an Bürgermeister denken, die vor Ort rechtsradikale Anfeindungen ertragen müssten. Für solche Bürgermeister wäre ein Orden ein wichtiges Zeichen, "dass die da oben an sie denken und sie nicht alleine lassen".
Künftig könnten sogar 36 Abgeordnete den Orden bekommen
CDU und CSU sehen jedoch keinen Änderungsbedarf bei der Ordensvergabe. Die bestehende Praxis sei "sachgerecht und zeitgemäß", sagt der Sprecher der Unionsfraktion. Auch die Sozialdemokraten verteidigen die geltende Praxis. Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Josephine Ortleb, verweist dabei auf das umfassende Verfahren, mit dem ihre Fraktion die Abgeordneten auswähle, die das Bundesverdienstkreuz bekommen sollen.
"Wir fragen bei den Landesgruppen der Fraktion an, wer aus ihrer Sicht geehrt werden soll", sagt Ortleb. Die Abgeordneten müssten "herausragende Verdienste beispielsweise im ehrenamtlichen Bereich oder auch hohes bürgerschaftliches Engagement vorweisen können sowie vorzugsweise eine langjährige Mitgliedschaft beim Bundestag". Außerdem berücksichtige man die "Ausübung von herausgehobenen Funktionen in der Fraktion und/oder parlamentarische Ämter". Die zuständige parlamentarische Geschäftsführerin entscheide dann "in Absprache mit Mitgliedern der Fraktionsgeschäftsführung" darüber, wer von den Vorgeschlagenen tatsächlich benannt werde. Durch dieses Verfahren solle gewährleistet werden, dass "sämtliche Kriterien der Ordenswürdigkeit berücksichtigt" und "diejenigen mit den höchsten Verdiensten mit dieser Würdigung ausgezeichnet" werden. "Deswegen möchte ich die Frage, ob das Verfahren aus Sicht der Fraktion noch zeitgemäß ist, mit Ja beantworten", sagt Ortleb.
Auch das Bundespräsidialamt verteidigt die geltende Praxis. Weil das Bundesverdienstkreuz ein "Bürgerorden" bleiben solle, sei "die Zahl der Bundestagsabgeordneten, die ausgezeichnet werden können, auf maximal fünf Prozent pro Wahlperiode beschränkt", sagt ein Sprecher des Präsidialamts.
Das bedeutet allerdings, dass in dieser Legislaturperiode sogar 36 Abgeordnete ausgezeichnet werden könnten, da der Bundestag wegen der unzureichenden Wahlrechtsreform noch größer geworden ist.