Bundestagsdebatte:Merkel schimpft über Internet-Trolle

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  • Die Politik soll diskutieren, ob politische Meinungsmanipulation im Internet gesetzlich geregelt werden muss. Das forderte Kanzlerin Merkel im Bundestag.
  • "Fakeseiten, Bots, Trolle können die Meinungsbildung verfälschen", sagte sie.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Bundestag aufgefordert, sich mit neuen digitalen Möglichkeiten der politischen Manipulationen wie Social Bots oder Falschmeldungen zu beschäftigen. Das sagte Merkel während ihrer ersten Rede seit ihrer Ankündigung, wieder als Kanzlerin zu kandidieren. "Um Menschen zu erreichen, um Menschen zu begeistern, müssen wir mit diesen Phänomenen umgehen und, wo notwendig, sie auch regeln", sagte die CDU-Vorsitzende. Bürger informierten sich ganz anders als noch vor 25 Jahren. "Heute können Fakeseiten, Bots, Trolle die Meinungsbildung verfälschen", sagte Merkel.

Es könne zudem "Meinungsverstärker" durch Algorithmen geben, sagte sie mit Blick auf soziale Netzwerke wie Facebook. Merkel unterstütze daher die Initiative von Justizminister Heiko Maas (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU), gesetzlich gegen Hasskommentare im Internet vorzugehen "und alles zu unternehmen, dies zu unterbinden, weil das unseren Grundsätzen widerspricht". Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hatte gewarnt, ausländische Regierungen wie die Russlands könnten versuchen, die öffentliche Stimmung in Deutschland im Bundestagswahlkampf 2017 zu beeinflussen.

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Kommentar von Heribert Prantl

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Freihandel: Eine Abschottung als Antwort auf die Globalisierung lehnt Merkel ab. "Offenheit wird uns mehr Sicherheit bringen als Abschottung." Sie sei "nicht froh", dass der künftige amerikanische Präsident Donald Trump das amerikanisch-asiatische Handelsabkommen TPP aufkündigen wolle. "Ich weiß nicht, wer davon profitieren wird", sagte sie, ohne China beim Namen zu nennen. Angesichts der rasant ablaufenden Globalisierung stünden Länder vor der Frage, sich entweder zurückzuziehen oder aktiv in multilateralen Organisationen oder Gesprächsformaten wie der G 20 mitzuarbeiten. "Ich sage, dass wir auf Gemeinsamkeiten, auf Multilateralismus in der Gestaltung setzen sollten", sagte Merkel. Hintergrund ist die Sorge, dass die USA unter Trump zunehmend auf Abschottung und Protektionismus setzen könnten.

Beziehungen zur Türkei: Die Einschränkung der Pressefreiheit und die Verhaftung von Abertausenden von Menschen sei nicht zu rechtfertigen, sagte Merkel. "Insofern müssen wir das deutlich kritisieren." Zugleich werbe sie aber dafür, weiter mit der Regierung in der Türkei zu kooperieren. Merkel begrüßte in diesem Zusammenhang die jüngste Reise von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in die Türkei. "Auch ich werde den Gesprächsfaden natürlich aufrechterhalten mit der Türkei", sagte die Kanzlerin. "Das schließt aber nicht aus, dass das, was alarmierend zu sehen ist, klar angesprochen wird."

Unterstützung für finanzschwache Kommunen: In diesem Bereich dringt Merkel auf zielgenauere Hilfen des Bundes. Ihrer Meinung nach engagiere sich der Bund mittlerweile weit über seine Kompetenzen hinaus für Bundesländer und Gemeinden. Als Beispiele nannte sie den Hochschulpakt, die Hilfe zur Lehrerausbildung oder das Sieben-Milliarden-Programm zur Erneuerung der kommunalen Infrastruktur. In den Finanzverhandlungen mit den Bundesländern treibe sie aber die Frage um: "Wie können wir eigentlich punktgenau helfen?" Die bisherigen Schlüssel zur Verteilung von Bundeshilfen wie die Aufteilung der Mehrwertsteuereinnahmen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden führten dazu, dass es dabei nicht nach Bedürftigkeit, sondern oft nach Stärke gehe. Das führe dann zu einer Hilfe nach dem Gießkannenprinzip.

Wagenknecht macht Bundesregierung für Aufstieg der AfD verantwortlich

Eigentlich soll es in der Generaldebatte vorrangig um den Haushalt 2017 gehen. Sie dient aber traditionell als Schlagabtausch zwischen Bundesregierung und Opposition. Die Chefin der größten Oppositionsfraktion, Sahra Wagenknecht, warf der Bundesregierung Versagen in der Wirtschaftspolitik vor. Selbst der künftige US-Präsident Donald Trump "hat wirtschaftspolitisch noch mehr drauf als Sie", sagte Wagenknecht an die Kanzlerin gerichtet. Trump habe begriffen, "dass staatliche Industriepolitik besser ist als billige Dienstleistungsjobs".

Union und SPD seien außerdem verantwortlich für den Aufstieg der rechtspopulistischen AfD. "Es ist ihre gemeinsame Politik, die die Rechte inzwischen auch in Deutschland stark gemacht hat", sagte Wagenknecht. "In Deutschland wachsen soziale Ungleichheit und Verunsicherung und mit ihnen die Wahlergebnisse der AfD."

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