Bundestag:Das Rentenpaket ist sicher

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Arbeitsministerin Andrea Nahles (3.v.l.) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (2.v.r.) stimmen im Bundestag über das Rentenpaket ab. (Foto: REUTERS)

Rente mit 63, mehr Geld für ältere Mütter und die Flexi-Rente: Mit großer Mehrheit winkt der Bundestag das teuerste Projekt der großen Koalition durch. Selbst scharfe Kritiker stimmen zähneknirschend zu.

Von Lilith Volkert

Singen macht locker und löst Hemmungen. Wobei das angesichts der großen schwarz-roten Mehrheit vermutlich gar nicht nötig war: Nach einer Feierstunde zu 65 Jahren Grundgesetz mit gemeinsamem Intonieren der Nationalhymne, hat der Bundestag das bislang teuerste Vorhaben der aktuellen großen Koalition beschlossen. Ein Rentenpaket, das bis zum Jahr 2030 etwa 160 Milliarden Euro zusätzlich kosten wird.

Es umfasst die aufgestockte Mütterrente, die abschlagfreie Rente mit 63, Verbesserungen für Erwerbsgeminderte und bei Reha-Maßnahmen sowie die Möglichkeit, über das Rentenalter hinaus zu arbeiten (was sich im Detail ändert, können Sie hier nachlesen).

Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), die Kritik an dem Paket in den vergangenen Tagen nicht als Diskussionsbeitrag, sondern als "hysterisches Gejaule" verstehen wollte, spart in der Aussprache vor der Abstimmung nicht mit Lob für die neuen Regelungen. Sie seien ein Beitrag für mehr Gerechtigkeit und Solidarität: "Wir passen die Rente der veränderten Lebenswelt an."

Dass es in der Union deswegen in den vergangenen Wochen ordentlich gekracht hat, war nur an einer Stelle zu merken. Nachdem vier SPD- und fünf Unionspolitiker von "gelebter Solidarität" und "Wertschätzung der Mütter" schwärmten, gibt Carsten Linnemann von der CDU als letzter Redner dezent zu Protokoll, die abschlagsfreie Rente mit 63 sei und bleibe "ein falsches Signal". Da die Flexi-Rente aber Teil eines dringend notwendigen Mentalitätswechsels sei, trage er diesen Kompromiss mit.

Zu gut, um abzulehnen, zu schlecht, um zuzustimmen

Ebenso wie Jens Spahn, Mitglied im CDU-Bundesvorstand und erklärter Kritiker des Rentenpakets. Er hat zugestimmt, um "zumindest das Schlimmste zu verhindern", rechtfertigt er sich nach der Abstimmung in seinem Blog.

Ein knappes Dutzend Unionspolitiker sahen das allerdings anders: Neun stimmten entsprechend ihrer Ankündigung gegen das Gesetz, zwei weitere enthielten sich. Die SPD stimmte geschlossen für den Kompromiss. Insgesamt votierten 460 Abgeordnete für die neuen Regelungen, 64 stimmten dagegen und 60 enthielten sich. Zusammen verfügen Union und SPD über 504 Sitze im Bundestag.

Die Opposition ist gegen das Rentenpaket. Aus unterschiedlichen Gründen: Den Grünen gehen die Maßnahmen zu weit, den Linken nicht weit genug. "Das Rentenpaket ist viel zu gut, um es abzulehnen und viel zu schlecht, um zuzustimmen", begründet Matthias W. Birkwald von den Linken die Enthaltung seiner Fraktion. Als Negativbeispiel nennt er das weiter sinkende Rentenniveau.

Der grüne Rentenpolitiker Markus Kurth beklagt dagegen die "fatalen falschen Weichenstellungen" und "Klientelgeschenke auf Pump". Die Mütterrente sei eine gute Sache, findet er, aber die Altersarmut ein viel größeres Problem; Schwarz-Rot setze die falschen Prioritäten. "Wenn ich eine Wohnung mit zwei Zimmern habe, muss ich doch erst das Loch im Dach des einen stopfen, bevor ich das andere schön tapeziere", sagt er. Außerdem sei es falsch, die Mütterrente durch Beiträge und nicht durch Steuermittel zu finanzieren. Bei den Grünen gab es drei Enthaltungen und ansonsten ausschließlich Nein-Stimmen.

Der Bundesrat muss dem Gesetz nicht mehr zustimmen. Es tritt bereits am 1. Juli in Kraft.

Linktipps zum schwarz-roten Rentenpaket:

  • Was ändert sich eigentlich? Die wichtigsten Fragen und Antworten zur geplanten Flexi-Rente.
  • Warum das Rentenpaket Merkels eigenen Ansprüchen widerspricht, erklärt der Leiter des Berliner SZ-Büros, Nico Fried.
  • Was die deutschen Arbeitnehmer von dem Kompromiss halten dürften, sehen Sie im Videoblog Summa summarum mit Wirtschaftschef Marc Beise.
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