Wollte er etwas verschleiern? Oder hat einer der einflussreichsten Landwirtschaftspolitiker im Bundestag, der CDU-Abgeordnete Johannes Röring, schlicht die Übersicht über seine vielen Nebenjobs verloren? Was kein Wunder wäre, denn 15 sollen es sein, die Röring zu einem der Top-Verdiener im Parlament machen. Zwei der Nebenjobs haben ihm nun peinlichen Ärger mit dem Bundestagspräsidium eingebracht.
Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hat das Präsidium offiziell einen Verstoß Rörings gegen Verhaltensregeln des Bundestags festgestellt. Trotz Ermahnung habe er Nebeneinkünfte aus der Agrarbranche nicht rechtzeitig angegeben. Konkret geht es um Tätigkeiten bei der Landwirtschaftsverlag GmbH und der Deutsche Genossenschafts-Hypothekenbank AG in Hamburg. Auf Anfrage erklärte der Abgeordnete sein Bedauern. "Ich habe diese Meldungen, sobald es mir bekannt wurde, schnellstmöglich nachgeholt und mich beim Bundestagspräsidenten entschuldigt", so Röring. Wobei allerdings in der von Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble unterzeichneten Verstoßmeldung die Rede davon ist, Röring habe trotz "erfolgter Ermahnung" die geltenden Fristen verstreichen lassen.
Die "Feststellung eines Verstoßes gegen die Verhaltensregeln" von Abgeordneten, wie es offiziell sperrig heißt, ist selten. Dass es ausgerechnet Röring traf, kommt für die Union zur Unzeit. Hat doch gerade erst ein Harmonie-Video von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner mit einem führenden Nestlé-Manager die Frage aufgeworfen, wie eng die Verflechtungen zwischen Politik und Lebensmittelindustrie sind. Da trifft es mit Röring ausgerechnet einen jener Abgeordneten, die wegen ihrer vielen Rollen schon länger in der Kritik stehen.
Der 60-Jährige sitzt im Präsidium des Bauernverbandes und hat als Mitglied des Landwirtschaftsausschusses gleichzeitig privilegierten Zugang zu Informationen, etwa über bevorstehende Gesetzentwürfe. Kaum eine Entscheidung im Agrarbereich, die nicht früh über seinen Schreibtisch wandert. Daneben bekleidet er viele Posten in der Agrarwirtschaft.
"Die Nähe einiger Unionspolitiker zur Land- und Ernährungswirtschaft schadet allen politischen Vertretern", warnt der SPD-Agrarpolitiker Rainer Spiering und rät zu einem Vergleich: "Stellen wir uns vor, die Aufsichtsräte oder Vorstände der deutschen Autokonzerne würden im Wirtschafts- oder Verkehrsausschuss sitzen und für sich selber Gesetze machen. Der Aufschrei wäre zurecht riesig." In der Land- und Ernährungswirtschaft ist das aber gang und gäbe, wie Forscher der Universität Bremen herausfanden. Sie untersuchten personelle Verflechtungen in der Agrarwirtschaft und kamen zu dem Ergebnis, dass diese bei Johannes Röring besonders vielfältig seien.