Angesichts der Mehrkosten für deutsche Gaskunden werden die Rufe nach schnellen Entlastungen lauter. Zugleich hat die Bundesregierung in Brüssel einen Rückschlag erlitten, was die umstrittene zusätzliche Belastung der Gasumlage mit Mehrwertsteuer angeht. Ein Kommissionssprecher schloss am Dienstag aus, dass es eine Ausnahme geben werde, die es der deutschen Regierung erlauben würde, Gaskunden nicht auch mit 19 Prozent Mehrwertsteuer auf die Umlage zu belasten.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte solch eine Ausnahme vorigen Freitag in einem Schreiben an EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni erbeten. Es gebe dafür keine Chance, sagte der Kommissionssprecher. Man wolle aber gemeinsam mit Berlin eine Lösung finden. "Wir teilen mit Deutschland den Wunsch, dass diese Maßnahme nicht unbeabsichtigte Steuerfolgen hat." Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte an, gemeinsam mit Brüssel einen Weg zu finden, um Gaskunden die Mehrwertsteuer zurückzugeben. Die Bundesregierung wolle daraus keine zusätzlichen Einnahmen für den Staat erzielen.
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Der UN-Generalsekretär, der im Juli das Abkommen zum Getreideexport vermittelt hat, will am Donnerstag mit dem ukrainischen und dem türkischen Präsidenten sprechen. Der erste Getreidefrachter, der in Odessa seit Kriegsbeginn abgelegt hat, ist nun in Syrien angekommen.
Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, verlangte am Dienstag, die Ampel müsse sich zügig auf Hilfen einigen. "Jetzt muss es vor allem darum gehen, besonders betroffene Menschen zielgenau zu entlasten." Auch SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch fordert rasche Schritte. "Gerade Menschen, die jeden Morgen zur Arbeit gehen und trotzdem am Ende des Monats den Euro zweimal umdrehen müssen, brauchen unsere Unterstützung", sagte Miersch der Süddeutschen Zeitung. Solche Entlastungen seien "spätestens zum Inkrafttreten der Gasumlage am 1. Oktober" nötig.
Die wachsende Belastung hatte am Montag Gestalt angenommen - in Form jener Umlage, mit der sich Gaskunden an der Rettung angeschlagener Gasimporteure wie des Essener Uniper-Konzerns beteiligen sollen. Von Oktober an können Stadtwerke und Gasversorger dafür von ihren Kunden 2,4 Cent je Kilowattstunde verlangen. Für Haushalte summiert sich das, je nach Verbrauch, auf einige Hundert Euro im Jahr. Hinzu kommen die Belastungen durch absehbar steigende Gaspreise.
"Hilfen sollten auf jeden Fall einkommensabhängig gestaltet werden"
Vor diesem Hintergrund mehren sich auch die Forderungen, Haushalten eine Art Grundkontingent an günstigem Gas zur Verfügung zu stellen. Neben Sozialverbänden haben sich sowohl Union als auch Linkspartei für einen solchen Basistarif ausgesprochen, bei den Grünen gibt es ebenfalls Anhänger der Idee. Auch SPD-Mann Miersch hält dies für diskussionswürdig. "Klar ist, wir müssen die Maßnahmen daran ausrichten, dass sie zielgerichtet entlasten und Anreize zum Energiesparen setzen", sagte er.
Ökonomen hegen allerdings bei vielen Vorschlägen genau daran Zweifel. In der gegenwärtigen Debatte werde zu wenig auf die Zielgenauigkeit geachtet, kritisiert Clemens Fuest, der Präsident des Münchner Ifo-Instituts. "Bei den Gaskunden gibt es viele, die in der Lage sind, die Lasten zu tragen, so unangenehm sie auch sein mögen", sagte Fuest der SZ. Deshalb halte er etwa die Idee eines Basistarifs nicht für sinnvoll. "Hilfen sollten auf jeden Fall einkommensabhängig gestaltet werden, sonst werden die öffentlichen Finanzen überlastet."
Zuletzt hatte Bundeskanzler Olaf Scholz wiederholt versprochen, niemand werde in der Energiekrise alleingelassen, die Koalition arbeite an einem "Gesamtpaket". Details dazu sind aber bislang offen.