In seiner Neujahrsansprache hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sich mehr Bereitschaft zur Veränderung und zum Kompromiss gewünscht. Die Welt sei "unruhiger und rauer" geworden, sie verändere sich "in geradezu atemberaubender Geschwindigkeit", sagte Scholz mit Blick auf die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten. "Auch wir müssen uns deshalb verändern." Die traditionelle Fernsehansprache zum Jahreswechsel wird an diesem Sonntag ausgestrahlt, ihr Text wurde vorab von der Regierung verbreitet.
Er nehme sich die Sorgen vor Veränderungen und die Unzufriedenheit mancher Menschen zu Herzen, sagte Scholz, und ergänzte: "Wir kommen auch mit Gegenwind zurecht". Der Regierungschef verwies darauf, dass manche befürchteten Szenarien nicht eingetreten seien. "Die Inflation ist gesunken. Löhne und Renten steigen. Die Gasspeicher sind für diesen Winter randvoll", nannte er als Beispiele.
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Er räumte zugleich ein, dass Investitionen in die Bahn, in Straßen, die Energiewende und die Wirtschaft vor dem Hintergrund des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts "nicht einfacher geworden" seien. Nicht alle Vorhaben könnten nun umgesetzt werden. Auch im kommenden Jahr werde aber eine "Rekordsumme" investiert. Zudem würden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Steuersenkungen entlastet. "Eine vierköpfige Familie mit einem normalen Einkommen hat im nächsten Jahr mehr als 500 Euro zusätzlich zur Verfügung", sagte Scholz.
Diskussionen um den richtigen Weg und das Ringen um Kompromisse gehörten zu einer Demokratie dazu, sagte der Kanzler. Ohne den Streit in der Ampel zu erwähnen, ergänzte er, dass er "auf manch laute Debatte in den vergangenen Wochen und Monaten durchaus" hätte verzichten können.
Er formulierte den Wunsch, "dass Europa geeint und gestärkt aus der Europawahl im kommenden Jahr hervorgeht". Die Europäische Union mache Deutschland stark, genau wie die Einsicht, dass jede und jeder in unserem Land gebraucht werde - die Spitzen-Forscherin genauso wie der Altenpfleger, die Polizistin genauso wie der Paketbote, die Rentnerin genauso wie der junge Auszubildende. "Wenn wir uns das klarmachen, wenn wir uns gegenseitig mit diesem Respekt begegnen, dann brauchen wir keine Angst zu haben vor der Zukunft!"