Bundesbank:Kaum Raum für Steuersenkungen

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Dämpfer für Schwarz-Gelb: Die Bundesbank hält die von Union und FDP geplanten Steuersenkungen für nicht machbar.

Claus Hulverscheidt

An diesem Montag beginnen in Berlin die Verhandlungen über ein neues schwarz-gelbes Regierungsbündnis, an deren Ende - vor allem aus Sicht der Liberalen - eine frohe Botschaft ans Volk stehen soll: Steuersenkungen. Doch ausgerechnet die Bundesbank, die nicht im Verdacht steht, solcherlei Überlegungen aus Prinzip abzulehnen, macht den Wunschpartnern nun das Leben schwer.

Bundesbankpräsident Axel Weber empfiehlt vor den Koalitionsverhandlungen einen "Kassensturz". (Foto: Foto: AP)

Angesichts des gigantischen Haushaltsdefizits, so Notenbankchef Axel Weber am Rande der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Istanbul, seien groß angelegte Steuer- und Abgabensenkungen auf Pump nicht verantwortbar. Wer in diesem Bereich dennoch etwas tun wolle, müsse in gleichem Umfang die Ausgaben senken. Was Weber nicht sagte: Geringere Ausgaben laufen angesichts der Struktur des Bundeshaushalts praktisch automatisch auf Sozialkürzungen hinaus.

Der Bundesbankpräsident sprach sich dafür aus, vor Beginn der Koalitionsverhandlungen zunächst einen "Kassensturz" zu machen. Alle Ausgaben müssten auf ihren Sinn überprüft werden. Erst wenn klar sei, welche Zahlungen gestrichen werden könnten, dürfe die Politik auch darüber nachdenken, wie sie die frei werdenden Mittel an die Bürger zurückgeben könne.

Weber machte der künftigen Koalition wenig Hoffnung auf einen rasanten Wirtschaftsaufschwung, mit dem sich Steuermindereinnahmen zum Teil kompensieren ließen. Vielmehr sei damit zu rechnen, dass Deutschland erst 2013 wieder das Wohlstandsniveau von 2008 erreichen werde.

Immerhin: Im laufenden Jahr entwickelt sich die Wirtschaft besser als erwartet. Weber sagte, das Bruttoinlandsprodukt sei in den Sommermonaten Juli bis September um etwa 0,75 Prozent im Vergleich zum Vorquartal gewachsen. Damit ist die Rezession - technisch gesehen - endgültig überwunden.

Der Aufschwung sei aber immer noch sehr fragil, ein Rückschlag jederzeit möglich, so der Bundesbankchef. Zudem sei das deutsche Potenzialwachstum durch die Krise von etwa 1,5 auf ein Prozent gesunken. Die Kennziffer sagt aus, wie stark eine Volkswirtschaft in normalen Zeiten zulegen kann. Nach Ansicht von Experten lässt sich die Zahl durch dauerhaft bessere Rahmenbedingungen, also etwa Steuer- und Sozialreformen, steigern.

Weber betonte, die Politik habe in den vergangenen Jahren gerade bei der Sicherung der Sozialsysteme schon viel erreicht. Angesichts der immer älter werdenden Bevölkerung reichten die Reformen aber noch nicht aus.

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