Bürgergeld:Heil will Sanktionen verschärfen - Zustimmung aus CDU und FDP

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Die große Mehrheit der Leistungsbezieher arbeite konstruktiv mit, sagt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). (Foto: Bernd Elmenthaler/Imago)

Wer sich immer wieder weigert, einen Job anzunehmen, soll künftig für bis zu zwei Monate kein Bürgergeld bekommen. Im Kabinett ist der Plan noch nicht endgültig abgestimmt.

Aus CDU und FDP kommt Zustimmung für den Vorschlag von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), die Sanktionen beim Bürgergeld zu verschärfen. "Wir warnen als CDU/CSU seit Langem davor, dass zu lasche Bürgergeld-Sanktionen zu weniger Vermittlung in Arbeit führen", sagte der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Stracke (CSU), den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Wer sich aus Bequemlichkeit Jobangeboten verweigere, dürfe nicht darauf zählen, dass ihn die Solidargemeinschaft dabei finanziell unterstütze.

Der CDU-Sozialpolitiker Stefan Nacke sagte dem Tagesspiegel, die Solidarleistung des Bürgergeldes dürfe "keine Einbahnstraße sein". "Im Empfinden der Bürger waren klare Sanktionen immer schon selbstverständliche Voraussetzungen für den Zusammenhang von Fördern und Fordern." Der FDP-Sozialpolitiker Carl-Julius Cronenberg sagte der Zeitung, für die Akzeptanz des Sozialstaats müsse sich Arbeit und Leistung lohnen.

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Bundesarbeitsminister Heil hatte vorgeschlagen, den sogenannten Regelbedarf künftig für bis zu zwei Monate komplett zu streichen, "wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte sich willentlich weigern, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen". Das geht aus einem Entwurf hervor, der sich derzeit in der regierungsinternen Abstimmung befindet und dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Wer sich allen Jobangeboten verweigere, "muss mit härteren Konsequenzen rechnen", sagte Heil der Bild -Zeitung.

Leistungen für die Kosten von Unterkunft und Wohnung sollen den Plänen zufolge auch im Fall einer kompletten Streichung des Regelbedarfs weiter gezahlt werden. Das Bürgergeld, das in diesem Jahr die Hartz-IV-Leistungen abgelöst hat, kann derzeit um bis zu 30 Prozent gekappt werden.

Kritik an dem Vorschlag kommt von den Jusos. "In einem Rechtsstaat ist es nicht vertretbar, Menschen als Sanktion hungern zu lassen", sagte der Vorsitzende der SPD-Jugendorganisation Philipp Türmer, ebenfalls im Tagesspiegel. Der Vorschlag, sämtliche Leistungen abseits der Miete zu streichen, sei weder mit der Menschenwürde noch mit dem Grundgedanken des Bürgergelds vereinbar. Auch die Diakonie sieht die Pläne kritisch. "Aus unserer täglichen Beratungspraxis wissen wir, dass Sanktionen besonders Menschen mit besonderen Problemen hart treffen, zum Beispiel jene, die nicht gut lesen und schreiben können, oder Personen mit psychischen Erkrankungen oder Suchtproblemen", sagte die Sozialvorständin der Diakonie, Maria Loheide.

Die große Mehrheit arbeite konstruktiv mit, betont Heil

Der Vorschlag entstand im Zuge der für das kommende Jahr geplanten Haushaltskürzungen. Laut Gesetzentwurf könnten durch die Sanktionsverschärfung rund 170 Millionen Euro pro Jahr gespart werden, wovon der Bund einen Hauptteil von 150 Millionen Euro einbehalten würde. 20 Millionen Euro entfielen demnach auf die Kommunen.

Heil betonte, die "überwältigende Mehrheit" der Leistungsbezieher arbeite konstruktiv mit. "Es kann nicht sein, dass eine kleine Minderheit das ganze System in Verruf bringt", sagte er der Bild. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es, aus den Jobcentern gebe es Praxisberichte, dass "einige wenige" Bürgergeldbeziehende zumutbare Arbeitsaufnahmen beharrlich verweigerten "und somit bewusst ihre Hilfebedürftigkeit aufrechterhalten beziehungsweise nicht vermindern".

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Darin heißt es weiter, dass die geplante komplette Streichung des Regelbedarfs in bestimmten Fallkonstellationen auch vom Bundesverfassungsgericht für möglich erachtet werde, wenn Betroffene etwa ohne wichtigen Grund einen Job nicht annehmen. Das Gericht hatte 2019 Kürzungen von mehr als 30 Prozent grundsätzlich für unzulässig erklärt.

Die Sanktionsregelung gehört zum Beitrag, den Heils Ministerium zu den geplanten Einsparungen im Haushalt 2024 leisten soll. Der Entwurf enthält auch die bereits bekannten Pläne zur Streichung des Bürgergeldbonus. Der Bonus war vorgesehen als Anreiz für Weiterbildungen, die nicht auf einen Berufsabschluss abzielen. Das Weiterbildungsgeld und die Weiterbildungsprämie, die auf Berufsabschlüsse zielen, bleiben erhalten.

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