Kriminalität:Erneut Bombendrohungen gegen Schulen und Rundfunksender

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Eine der Drohungen ging gegen den Radiosender Antenne Thüringen ein. (Foto: Johannes Krey/dpa)

Einrichtungen in mehreren Bundesländern sind betroffen, darunter der Berliner Hauptbahnhof. Die Ermittler wissen bisher wenig, die Lage ist diffus. In den Drohschreiben wurden Bezüge zur Hamas und zum Krieg im Nahen Osten hergestellt.

Von Oliver Klasen

Die Sache ist mittlerweile zu groß, als dass es sich um einen aus dem Ruder gelaufenen Streich von Jugendlichen oder von Spinnern handeln könnte, die sich wichtigmachen und die Polizei narren wollen. So viel immerhin scheint klar.

Seit Anfang der Woche ist die Polizei in mehreren Bundesländern mit einer ungewöhnlich hohen Zahl von Bombendrohungen konfrontiert. Meist richteten sie sich gegen Schulen. Erfurt, Karlsruhe, Köln, Mannheim, Mönchengladbach, Münster, Solingen, Wuppertal, Münster, Brandis und Pulsnitz in Sachsen, Bayreuth in Oberfranken, Straubing in Niederbayern, Neumarkt in der Oberpfalz, Friedberg bei Augsburg und allein fünf Fälle in München - die Drohungen, die meist per Mail verschickt wurden, gingen quer verteilt über das ganze Bundesgebiet ein.

Wer die Mails geschrieben hat, ob es eine koordinierte Aktion ist - alles bislang unklar

Betroffen war am Montag auch das ZDF in Mainz, am Dienstag mehrere Radiosender in Thüringen. In Berlin gab es eine Drohung gegen den Hauptbahnhof, außerdem gegen den Fernsehsender RTL und das Willy-Brandt-Haus, die Bundeszentrale der SPD.

Die Polizeipräsidien an den einzelnen Tatorten halten sich meist bedeckt, verweisen auf die laufenden Ermittlungen, die noch am Anfang stünden. Wer die Mails geschrieben hat, ob es eine einzelne Person war, die sich die Mailadressen besorgt hat, ob es eine koordinierte Aktion mehrerer Personen ist, ob es Trittbrettfahrer gibt, all das ist noch unklar.

Offenbar ist eine mehr oder weniger "gleichlautende Mail", so drückt es ein Sprecher der Berliner Polizei aus, an hunderte Stellen in Deutschland verschickt worden. Möglicherweise, so ein Sprecher der Münchner Polizei, sind noch viel mehr Einrichtungen betroffen als bisher bekannt, denn die Drohmails könnten in Spam-Ordnern gelandet und von Firewalls abgeblockt worden sein.

Der Text soll in einer Mischung aus deutscher und arabischer Sprache verfasst worden sein, außerdem Bezüge zur Hamas und zum Angriff auf Israel enthalten. Worin diese Bezüge genau bestehen, wollen die Polizeistellen, die die Süddeutsche Zeitung befragt hat, aus ermittlungstaktischen Gründen nicht spezifizieren.

"Es sieht so aus, als wolle hier jemand Unruhe stiften"

Dass die Fälle alle zusammenhängen, drängt sich auf. Nur wie genau, wissen die Ermittler nicht. Möglicherweise geht es darum, Angst zu schüren und das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung zu schwächen. Für diese These spricht, dass die Mails offenbar in großer Masse willkürlich versendet wurden und eher abstrakte Drohungen enthielten. Außerdem wurden an keinem der Orte Bomben oder sonstige gefährliche Gegenstände gefunden.

"Es sieht so aus, als wolle hier jemand Unruhe stiften, aber wir sind weit davon entfernt zu sagen, dass es keinerlei Gefahr gibt. Prinzipiell nehmen wir solche Fälle sehr ernst und ermitteln in alle Richtungen", sagt ein Sprecher des Landeskriminalamtes in Nordrhein-Westfalen.

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Die Polizei hat bisher unterschiedlich auf die Fälle reagiert. An einigen Orten ließ sie die Schulen räumen und mit Spürhunden durchsuchen, auch die Belegschaft des ZDF musste die Gebäude des Senders am Montag zeitweise verlassen. Andernorts, wie etwa an den Schulen in München oder im Falle des Berliner Hauptbahnhofs entschied sich die Polizei gegen eine Räumung. Dort ging die Drohung gegen 3 Uhr nachts am Dienstag ein, die für den Bahnhof zuständige Bundespolizei verstärkte die Kräfte, analysierte die Lage, der Einsatzleiter entschloss sich jedoch gegen eine Sperrung des Bahnhofs und gab am Morgen Entwarnung. Letztlich sei nicht von einer Gefährdung der Reisenden ausgegangen worden.

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