Terrorismus:BND warnt vor Wiedererstarken des Islamischen Staats

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Bruno Kahl, Präsident des Bundesnachrichtendienstes BND, war in Kiew, als sich die Ereignisse überschlugen. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Es gebe "überhaupt keinen Anlass dazu, Entwarnung zu geben", sagt der BND-Präsident Bruno Kahl im SZ-Interview. Den Afghanistan-Einsatz hält er rückblickend für "absolut richtig".

Von Stefan Kornelius und Paul-Anton Krüger, Berlin

Der Bundesnachrichtendienst warnt vor einem Wiedererstarken islamistischer Terrorgruppen und einer daraus resultierenden Bedrohung auch für Europa. BND-Präsident Bruno Kahl sagte der Süddeutschen Zeitung, fast 20 Jahre nach den Anschlägen des 11. September sei die Gefährdung durch das Terrornetzwerk al-Qaida und die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) weltweit nicht zurückgegangen. "Wir haben momentan überhaupt keinen Anlass dazu, Entwarnung zu geben", sagte Kahl.

Auch wenn es Erfolge gegeben habe, etwa den militärischen Sieg über den IS in seinen Kerngebieten im Irak und in Syrien, sei die Zahl der Akteure des Terrorismus gewachsen. Der IS habe sich reorganisiert. So könnten die Dschihadisten heute nicht nur Attentate in der Region verüben, sondern "von dort aus wieder nach außen wirken".

Die größte Gefahr für eine Ausdehnung terroristischer Strukturen sieht Kahl überall dort, wo "staatliche Autorität und Strukturen fehlen". Das betreffe vor allem den Nahen und Mittleren Osten, die Länder der Sahelzone, zunehmend aber auch das südliche Afrika und teilweise Zentralasien. Zulauf erhielten Terrorgruppen dort, weil es attraktiv erscheine, das "Vakuum zu füllen und dann mit von der Partie zu sein: eine neue Herrschaft, die sowohl der Scharia entspricht als auch soziale Verheißungen bringt".

Um der Ausbreitung terroristischer Gruppen entgegenzutreten, gebe es nur ein Mittel, sagte Kahl: "Präsenz zeigen." Der Kampf gegen die Kernzellen des IS müsse weitergeführt werden. "Wir müssen den Ländern, in denen dieses Unheil seinen Ausgang genommen hat, weiter beistehen", forderte der BND-Präsident.

Es sei auch nach dem Anschlag auf die Bundeswehr in Mali "offensichtlich, dass der Westen dort nicht verschwinden kann". Europa müsse alles tun, um die Staaten der Sahelzone zu unterstützen, und sich bewusst sein, dass "es sich hier um eine Nachbarschaftsregion handelt, in der Sicherheitsrisiken unmittelbare Auswirkungen haben", sagte Kahl.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat angekündigt, 2000 der bislang 5100 im Zuge der Anti-Terror-Operation "Barkhane" dort stationierten Soldaten abzuziehen. Die Last dürfe nicht nur auf den Schultern eines Landes liegen, sagte Kahl. Jenseits der militärischen Bekämpfung von Terrorgruppen müsse der Westen versuchen, "Wirtschaft und Infrastruktur so zu ertüchtigen, dass auch der wachsenden Bevölkerung genug Perspektiven geboten werden, die Terrorismus und Migration überflüssig machen".

Angesichts des Abzugs der westlichen Truppen aus Afghanistan sagte Kahl, es sei 2001 "absolut richtig" gewesen, gegen den Terrorismus vorzugehen, der von dort ausging. Es liege auch im Interesse der Taliban, "terroristische Strukturen von dort fernzuhalten". Die wichtigste Lehre aus dem Afghanistan-Einsatz sei, "möglichst schon in der Entstehung die unkontrollierte Entwicklung von Terrorstrukturen zu verhindern". Zugleich solle der Westen "keine Luftschlösser versprechen, etwa den Export von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit".

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