Berlin:Die Affäre ist jetzt amtlich

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Ein Paar: Bildungssenatorin Katharina Günter-Wünsch und der Regierende Bürgermeister Kai Wegner. (Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Berlins Regierender Bürgermeister Wegner macht seine Beziehung zu Katharina Günther-Wünsch öffentlich - die er im Frühjahr zur Bildungssenatorin ernannt hat. Welche Konsequenzen hat das?

Von Jan Heidtmann, Berlin

In den kommenden Wochen stehen in Berlin harte Verhandlungen an. Die Stadt muss sparen, aus dem laufenden Doppelhaushalt sollen mehrere Millionen Euro herausgekürzt werden. Jede Senatsverwaltung ist potenziell betroffen, doch zwei Amtsträger werden dabei unter besonderer Beobachtung stehen: Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch, 40, und der Regierende Bürgermeister Kai Wegner, 51. Denn seit Freitag ist es amtlich, die beiden CDU-Politiker sind ein Paar. "Wir haben jetzt für Transparenz gesorgt, diese Transparenz wurde erwartet", hatte Wegner entsprechende Gerüchte nach langen Tagen des Schweigens schließlich im RBB bestätigt.

Dieser Schritt war auch notwendig geworden, denn schon tags zuvor hatte die Privatangelegenheit längst eine politische Dimension bekommen. Der Vorsitzende der Jungen Union (JU) Berlin, Harald Burkart, kritisierte die mögliche Beziehung da als bislang einziger CDU-Politiker mit vollem Namen: "In einem Unternehmen ginge das nicht", sagte er dem Spiegel. "Leider sind Abhängigkeitsverhältnisse in der Berliner CDU keine Seltenheit, wie beispielsweise in der CDU-Landesgeschäftsstelle."

Die Beteiligten würden im Amt "Privates und Berufliches strikt trennen", sagt der Rechtsanwalt

Andere Politiker der Berliner CDU äußerten sich bis zu dem Zeitpunkt nur anonym zu dem Fall: Die Beziehung zwischen dem Regierenden und der Bildungssenatorin sei schon lange bekannt. Außerdem hatte der fraktionslose Berliner Abgeordnete Antonin Brousek, ehemals AfD, eine schriftliche Anfrage zu den Gerüchten gestellt. Darin forderte er den Senat auf, mehrere Fragen zu beantworten, darunter: "Unterhält der Regierende Bürgermeister von Berlin eine sexuelle Beziehung zu einem anderen Senatsmitglied, also einer Person, deren berufliche Stellung allein von ihm abhängig ist?"

Zuvor hatte Wegner nicht nur bekannt gegeben, dass er sich von seiner Lebensgefährtin getrennt habe, sondern auch, dass der Rechtsanwalt Christian Schertz künftig ihn als Privatmann vertreten werde. Der Anwalt wird besonders in Fällen engagiert, bei denen Persönlichkeitsrechte verletzt werden könnten. Am Freitag fiel es dann Schertz zu, mögliche Bedenken auszuräumen: "Unabhängig davon, dass eine derartige Konstellation keinen rechtlichen Bestimmungen widerspricht, ist es natürlich selbstverständlich, dass die Beteiligten im Zusammenhang mit ihrer Amtsführung Privates und Berufliches strikt trennen."

Doch die Hoffnung, die politische Dimension dieser Liaison schnell einfangen zu können, ging über das Wochenende nicht auf. "Es gibt absehbar Interessenkonflikte für die Zusammenarbeit im Senat. Das betrifft beispielsweise Konflikte zum Haushalt und den Umgang mit der Richtlinienkompetenz des Regierenden", sagte Bettina Jarasch, Fraktionsvorsitzende der oppositionellen Grünen. Zudem sei offen, wie bei Konflikten zwischen Senatsmitgliedern entschieden wird. Jarasch: "Kann Kai Wegner dann noch Führung übernehmen oder ist er befangen?"

Verboten ist so eine Beziehung nicht. Heikel ist sie dennoch

Da sind nicht nur die anstehenden Sparrunden und die Frage nach der Objektivität Wegners gegenüber der Bildungssenatorin. Da ist auch die Frage, wann das Verhältnis begann. Die Formulierung von Wegners Anwalt, die beiden hätten sich im Herbst "entschieden", ein Paar zu sein, bleibt da denkbar unpräzise. Der neue Senat war Ende April vereidigt worden; wären sie da schon ein Paar gewesen, hätte Wegner mit Katharina Günther-Wünsch nicht nur eine stellvertretende Schulleiterin, sondern auch seine Partnerin zur Senatorin berufen. Verboten ist das jedoch nicht. Anders als in vielen Unternehmen gibt es im Berliner Senat keine Compliance-Regelungen, die einer solchen Beziehung widersprechen würden.

Innerhalb der CDU wird davon ausgegangen, dass die Angelegenheit weder Wegner noch Günther-Wünsch schaden werde. Die ersten Monate des Regierenden Bürgermeisters werden selbst von Kritikern in seiner Partei als erfolgreich angesehen. Katharina Günther-Wünsch wiederum gilt als gute Besetzung auf dem Posten der Bildungssenatorin, den über Jahrzehnte die SPD innehatte. Sie sei die Richtige, um die nötigen Änderungen durchzusetzen, heißt es. Die Befürchtungen, Wegner könne Günther-Wünsch in den Haushaltsverhandlungen bevorzugen, seien schon deshalb merkwürdig, da die Entscheidungen der Haushaltsausschuss des Abgeordnetenhauses fälle. Und der sei sehr selbstbewusst.

Dass diese Beziehung dennoch heikel sein könnte, räumte auch Wegner am Freitag beim RBB ein. Auf die Frage, weshalb er so lange dazu geschwiegen habe, antwortete er: Man habe noch einige Dinge klären müssen, "das betrifft ja nicht nur zwei Personen allein".

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