Ihre Aufgabe ist, all die Einrichtungen zu kontrollieren, in denen Menschen die Freiheit entzogen wird. Das sind auch Polizeiwachen, psychiatrische Kliniken - sowie Altenheime, wo Senioren fixiert werden.
13 000 Einrichtungen sind zu kontrollieren, etwa 70 Häuser haben sie vergangenes Jahr besucht. Oft geben sie "Empfehlungen" - hinter jeder Empfehlung steckt ein Missstand.
Dopp setzt darauf, dass nicht nur das Haus reagiert, das sie kritisieren, sondern auch alle anderen ihre Gewohnheiten verändern. Da ist zum Beispiel das Komplett-Entkleiden eines Häftlings, um ihn nach einem Freigang zu durchsuchen. Gedankenlose Routine, weit verbreitet.
Man kann diesen "schwerwiegenden Eingriff" ins Persönlichkeitsrecht abmildern, indem der Häftling erst die Oberbekleidung ablegt und diese wieder anzieht, ehe er seine Hose auszieht. Kleine Maßnahme, große Erleichterung.
Kein Amt, keine Behörde, keine Hierarchien - aber einflussreich
Einzigartig ist die Anti-Folter-Stelle auch wegen ihrer formalen Stellung. Sie ist kein Amt, keine Behörde. Die ehrenamtlichen Mitglieder werden zwar von den Justizministerien ernannt, Bund und Länder finanzieren die Kosten, sie arbeiten aber völlig unabhängig, sind in keine Hierarchie eingegliedert, keiner erteilt ihnen Weisungen.
"Eigentlich sind wir nichts." Rainer Dopp kokettiert, wohl wissend, dass der Einfluss dieses seltsamen Nichts stetig wächst.
Sie haben in all den 13 000 Einrichtungen ein Zutrittsrecht, dürfen in interne Unterlagen schauen, in Dokumentationen von Fixierungen etwa. Was war es für ein Aufschrei in der Altenheim-Branche, als sie vor fünf Jahren Besuche in den knapp 11 000 Senioreneinrichtungen ankündigten: Unterstellen die uns, dass wir die Alten foltern?
Es brauchte einige Gespräche, um die Heime zu überzeugen, dass die "Stelle" auf Dinge schaut, die im Alltag gerne durchrutschen, ohne böse Absicht. Das Hochziehen von Bettgittern etwa, ohne dass es wirklich nötig wäre.
Oder wenn ein bettlägeriger Bewohner nur noch die Wand anschauen kann. Dann wäre sehr zu empfehlen, an dieser Wand ein paar Bilder anzubringen. Reizarmut kann die Lebensqualität stark verringern.
Wie es ist, Besuch von Menschenrechtlern zu bekommen, weiß auch Ralph-Günther Adam. Er war bis 2013 Chef der JVA Berlin-Tegel, einem der größten Gefängnisse Deutschlands. "Damals habe ich vieles anders gesehen", sagt er jetzt, da er der Bundesstelle angehört und neben Rainer Dopp am Tisch sitzt.
Schon Kleinigkeiten können oft den Unterschied machen
Eines Tages hatte er in Tegel Besuch von der Delegation des europäischen Pendants zur Anti-Folter-Stelle, und die kritisierte, dass in die besonders gesicherten Hafträume kaum Tageslicht dringe. Diese Kritik habe ihn zum Nachdenken gebracht, bald darauf haben sie die Fenster vergrößert. Oft sind es Kleinigkeiten, die den Alltag für Gefangene menschenwürdiger gestalten.
Als Adam in seiner JVA einführte, dass jede Fixierung eines sehr erregten Gefangenen von einer Sitzwache begleitet wird, sei die Zahl der Fixierungen deutlich zurückgegangen. Warum? Weil die Sitzwache für andere Aufgaben ausfiel und so eine Mehrbelastung fürs Team darstellte, hatten die Mitarbeiter ein Eigeninteresse, Gefangene anders zu beruhigen.
Bei ihren Kontrollen besteht die "Stelle" darauf, dass jede Fixierung dokumentiert wird. Und zwar so, dass ein Mitarbeiter in eigenen Worten niederlegt, warum ein Mensch unbedingt angebunden werden müsse. Das Schreiben zwinge die Mitarbeiter zum Nachdenken, und dabei falle ihnen oft auf, dass mildere Mittel reichen.
Zuletzt beschäftigte sich der Menschenrechts-TÜV immer öfter mit Abschiebeflügen. Adam und eine Mitarbeiterin waren zum Beispiel im Januar dabei, als 26 Afghanen nach Kabul abgeschoben wurden.
So belastend diese Stunden für die abgelehnten Flüchtlinge auch sind, so erfreut stellt Adam fest, dass die eingesetzten Bundespolizisten professionell und freundlich mit den Menschen umgingen.
Das findet sich ebenso als Lob im Jahresbericht wie die Lösung für die Videoüberwachung von Toiletten. In den Frauengefängnissen Rohrbach und Vechta zum Beispiel setzen sie eine Software ein, so dass der Toilettenbereich auf dem Monitor nur verpixelt dargestellt wird.
Um Selbstverletzungen zu vermeiden, löst sich die Verpixelung nach einer Weile auf. So sollte er sein, sagt Dopp, der respektvolle Umgang mit Gefangenen.