Kaukasus:Regierung von Bergkarabach beschließt Selbstauflösung

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Exodus aus Bergkarabach: Zehntausende ethnische Armenier haben seit den Angriffen Aserbaidschans die Region verlassen. (Foto: Vasily Krestyaninov/dpa)

Zum Jahreswechsel sollen alle staatlichen Institutionen und Organisationen aufhören zu existieren. "Dann beendet auch die Republik Bergkarabach ihr Bestehen." Mehr als die Hälfte der ethnischen Armenier sind bereits aus ihrer Heimat geflohen.

Die Regierung der international nicht anerkannten Republik Arzach (Bergkarabach) hat nach der Niederlage gegen Aserbaidschan die Auflösung aller ihr unterstehenden Behörden bis zum 1. Januar 2024 beschlossen. Alle staatlichen Institutionen und Organisationen sollen aufhören zu existieren. Das berichteten armenische Medien unter Berufung auf ein von Präsident Samwel Schachramanjan unterzeichnetes Dokument. "Dann beendet auch die Republik Bergkarabach ihr Bestehen", hieß es dort weiter.

Nach der Auflösung der Republik Bergkarabach müsse sich die Bevölkerung mit Aserbaidschans Gesetzen zur Eingliederung der Region vertraut machen, um dann selbst zu entscheiden, ob sie nach Bergkarabach zurückkehren wolle, wird aus dem Erlass Schachramanjans zitiert. Demnach wurde die Entscheidung aufgrund der politischen und militärischen Lage getroffen. Sie ziele darauf ab, die Sicherheit und das Leben der Bevölkerung in Bergkarabach zu schützen.

Bergkarabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, wird aber überwiegend von ethnischen Armeniern bewohnt. Diese hatten die Region mit Hilfe der armenischen Regierung in Eriwan drei Jahrzehnte lang weitgehend kontrolliert. Am Dienstag vergangener Woche aber hatte Aserbaidschans Militär das Gebiet angegriffen. Einen Tag später stimmten die ethnischen Armenier dort einer Feuerpause zu. Die Auflösung war Teil der Kapitulationsbedingungen.

Mehr als die Hälfte der ethnischen Armenier haben die Kaukasusregion nach dem Ende der Kämpfe bereits verlassen. Bislang seien 65 036 Menschen von dort in Armenien angekommen, teilte die Sprecherin des armenischen Ministerpräsidenten Nikol Paschinjan mit. Insgesamt lebten in dem inmitten von Aserbaidschan gelegenen Gebiet 120 000 ethnische Armenierinnen und Armenier.

Für Armenien ist der Exodus eine Herausforderung. In dem Land selbst leben nur 2,8 Millionen Menschen, und die Zahl derer, die Bergkarabach verlassen, steigt rasch an. Viele befürchten eine sogenannte ethnische Säuberung.

Am Dienstag war es zu einer Explosion in einem Treibstofflager in Bergkarabach gekommen. Die Führung des Gebiets in Stepanakert sprach am Dienstagabend von 68 Toten und 290 Verletzten. Die Ursache der Detonation ist weiterhin unbekannt.

© SZ/Reuters/dpa/lsng - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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