Verhandlungen in Wien:Der wohl letzte Versuch, das Atomabkommen mit Iran zu retten

Lesezeit: 3 min

Irans Unterhändler Ali Bagheri-Kani will "die Verhandlungen voranbringen". Doch die Bringschuld sieht er bei den USA. (Foto: ALEX HALADA/AFP)

Unterhändler der USA, Irans und der EU treffen sich in Wien. Doch eine Einigung gilt als unwahrscheinlich. Und dann?

Von Paul-Anton Krüger, Berlin

Es ist der wohl letzte Versuch, das Atomabkommen mit Iran doch noch zu retten: Am Donnerstag reisten die Unterhändler der USA, Irans und der Europäischen Union nach Wien, um auszuloten, ob eine Einigung möglich ist auf eine Vereinbarung, die der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell vergangene Woche vorgelegt hatte. Die Erfolgsaussichten der Gespräche, die noch im Laufe des Tages beginnen sollten, gelten westlichen Diplomaten aber als gering. Der US-Sondergesandte Robert Malley teilte per Twitter mit, die Erwartungen hielten sich in Grenzen.

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Irans Unterhändler Ali Bagheri-Kani sagte, er reise nach Wien, um "die Verhandlungen voranzubringen". Er machte allerdings klar, dass Iran die USA in der Bringschuld sieht. Sie müssten die Gelegenheit ergreifen. Die beiden Diplomaten werden nicht direkt miteinander sprechen; das verweigert Iran. Deswegen wird der EU-Diplomat Enrique Mora zwischen ihnen vermitteln. Eine erste solche Runde in der katarischen Hauptstadt Doha war Ende Juni ergebnislos geblieben.

Teheran will eine Garantie, dass die USA nicht erneut aussteigen wie 2018 unter Donald Trump

Borrell hatte danach nochmals leichte Änderungen an dem Text für eine Vereinbarung vorgenommen, die den Weg ebnen würde zur Rückkehr der USA in das Atomabkommen von 2015 - und mit dem sich Iran zugleich verpflichten würde, dessen Beschränkungen für sein Atomprogramm wieder einzuhalten. Seit einiger Zeit hat Iran sowohl die Anreicherung von Uran drastisch beschleunigt als auch den Ausbau von Nuklearanlagen. Ein fertig verhandelter Text für eine Übereinkunft liegt seit März vor, bislang stehen aber weitergehende Forderungen Irans einem neuen Deal entgegen.

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Das Hardliner-Regime ist - anders als bislang - nun offenbar bereit zu akzeptieren, dass die USA die Sanktionen gegen die Revolutionsgarden zunächst nicht aufheben. Das hatte US-Präsident Joe Biden ausgeschlossen. Allerdings verlangt Teheran weiter Garantien von den USA, dass sie nicht erneut aus dem Abkommen aussteigen, wie es 2018 der damalige Präsident Donald Trump getan hatte.

Als weit problematischer gilt aber die Forderung Teherans, die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) müsse ihre Untersuchungen zu mehreren mutmaßlichen Anlagen einstellen, die Iran nicht als Teil seines Atomprogramms deklariert hatte. Inspektoren der IAEA hatten an den drei Orten Spuren von Uran nachgewiesen, Indizien für geheim gehaltene nukleare Aktivitäten. Während die Vorgänge bei zwei der fraglichen Einrichtungen etwa 20 Jahre zurückliegen sollen, dauerten sie bei einer dritten womöglich bis 2018 an, also lange nach Abschluss des Atomabkommens im Sommer 2015.

Sollte ein Abschluss greifbar sein, könnten die Außenminister nach Wien reisen

Europäische Diplomaten stellten klar, dass es ein Ende der Untersuchungen nur geben könne, wenn Iran die Sachverhalte zur Zufriedenheit der IAEA aufkläre. Einen Arbeitsplan dazu hatten die beiden Seiten im Februar zwar vereinbart. Laut IAEA-Chef Rafael Mariano Grossi verweigert Iran aber seit Monaten jede Zusammenarbeit. Das hat auch der Gouverneursrat, das höchste beschlussfassende Gremium der IAEA, auf Initiative der USA und der am Atomabkommen beteiligten europäischen Staaten Frankreich, Großbritannien und Deutschland (E3) im Juni verurteilt.

Bei einem Scheitern der Gesprächsrunde in Wien wird es laut mit dem Dossier vertrauten Diplomaten auf absehbare Zeit keine weiteren Verhandlungen mehr geben, ohne dass jedoch offiziell ein Scheitern oder gar das Ende des Abkommens verkündet werden würde. Schon bis zum Wochenende müsse sich zeigen, ob Iran bereit sei, den Deal anzunehmen, den der EU-Außenbeauftragte Borrell als "den bestmöglichen" bezeichnet hatte. Die Europäer hatten zu den Gesprächen zunächst nur technische Experten entsandt, nicht die politischen Direktoren ihrer Außenministerien. Falls ein Abschluss greifbar erscheint, würden aber hochrangige Diplomaten nach Wien reisen, möglicherweise sogar die Außenminister.

Das Regime in Teheran hat inzwischen deutlich gemacht, dass es sein Atomprogramm ohne eine Einigung drastisch weiter ausbauen wird. Inspektoren der IAEA haben verifiziert, dass Iran Hunderte Zentrifugen des technisch fortgeschrittenen Typs IR-6 erfolgreich in der Urananreicherungsanlage Natanz installiert hat. Ein Berater des Obersten Führers Ayatollah Ali Chamenei, Kamal Kharrazi, sagte zudem dem Fernsehsender Al-Jazeera, Iran verfüge über die technischen Mittel, um eine Atombombe herzustellen, es gebe aber keine politische Entscheidung, dies zu tun. Offenbar wollte Teheran auf diese Weise noch einmal zusätzlichen Druck entfalten.

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