Arbeitsmarkt:Weiterbildung mit Geld vom Staat

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Nach Einschätzung von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sind bundesweit einheitliche Vorgaben zum betrieblichen Corona-Infektionsschutz nicht mehr nötig. (Foto: Fabian Sommer/dpa)

Arbeitnehmer sollen im Job eine Auszeit nehmen und sich weiterqualifizieren können - besonderes in Branchen, die einem starken Strukturwandel unterworfen sind. So will Arbeitsminister Hubertus Heil den Fachkräftemangel beheben.

Von Roland Preuß, Berlin

Die Bundesregierung will den Beschäftigten neue Möglichkeiten zur Weiterbildung eröffnen, damit Arbeitslosigkeit vermeiden und den Mangel an Fachkräften bekämpfen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen staatliche Unterstützung erhalten, damit sie sich mit Zustimmung ihres Arbeitgebers weiterqualifizieren können. "Wir werden nach österreichischem Vorbild eine Bildungszeit in Deutschland ermöglichen", sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in Berlin. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird derzeit zwischen den Bundesministerien abgestimmt.

Die Bildungszeit ist eines der Hauptelemente der Pläne. Das Konzept sieht vor, dass Beschäftigte ein Jahr ihren Arbeitsplatz verlassen, um sich weiterzubilden oder beruflich neu zu orientieren. "Über Mittel der Bundesagentur für Arbeit wird dabei der Unterhalt sichergestellt, und zwar auf Höhe des Arbeitslosengeldes, also 60 Prozent für Alleinstehende, 67 Prozent mit Kind", sagte Heil. Die Weiterbildung kann auch in Teilzeit stattfinden und zwei Jahre dauern. In Österreich existiert unter dem Stichwort "Bildungskarenz" bereits ein ähnliches Modell.

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Während die Bildungszeit individuell gestaltet werden und durchaus den Abschied vom Arbeitgeber zur Folge haben kann, zielt das geplante "Qualifizierungsgeld" darauf, dass man mit neuen Fähigkeiten im alten Betrieb bleibt. In diesem Modell stellt das Unternehmen die Beschäftigten von der Arbeit frei. Auch hier zahlt die Bundesagentur für Arbeit Unterstützung in Höhe des Arbeitslosengeldes, der Arbeitgeber trägt die Kosten für die Weiterbildung.

Voraussetzung einer Förderung sind laut Gesetzentwurf, dass ein Strukturwandel in der Branche die Qualifizierung nötig macht, ein "nicht unerheblicher Teil" der Belegschaft davon betroffen ist und es eine Betriebsvereinbarung gibt oder einen entsprechenden Tarifvertrag.

Jedes Jahr bleiben Tausende ohne Azubi-Platz

Hintergrund der Pläne sind die Veränderungen, die in mehreren Branchen anstehen. So wird der Abschied vom Verbrennungsmotor in der Autoindustrie viele Arbeitsplätze überflüssig machen, andererseits werden neue Fachkräfte für Elektromotoren oder die Batterieproduktion gesucht. Ähnlich sieht es bei Heizungs- und Sanitärbetrieben aus, wo Öl- und Gaskessel verstärkt durch Wärmepumpen und Solarstromanlagen ersetzt werden sollen. Die neuen Weiterbildungsangebote sollen die Beschäftigten bei diesem Wandel mitnehmen und den Unternehmen zu den jetzt schon fehlenden Fachkräften verhelfen.

Hierzu will Heil auch bei den Auszubildenden ansetzen. Der Gesetzentwurf enthält eine "Ausbildungsgarantie", die faktisch jedoch lediglich eine Ausweitung der Unterstützungsangebote ist. Seit Jahren gibt es mehr Angebote für Ausbildungsplätze als Bewerber, dennoch bleiben Tausende Menschen ohne Azubi-Platz und Tausende Stellen unbesetzt, weil die Stellen nicht dort gesucht werden, wo die Interessenten sind - oder weil die Jugendlichen einen anderen Beruf einschlagen wollen als den, der angeboten wird.

Die Bundesregierung will hier nachhelfen, indem sie Unterkunfts- oder Fahrkosten für Praktika übernimmt, für einen Umzug sind Prämien geplant. Wer nicht in einem Betrieb unterkommt, soll einen subventionierten Ausbildungsplatz außerhalb eines Betriebes annehmen können. Die von Arbeitgeberverbänden abgelehnte Umlage auf Kosten von Betrieben, die keine Ausbildungsplätze anbieten, ist nicht vorgesehen.

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