Angela Merkel:In der CDU ist einiges ins Rutschen geraten

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Die Lage ist für Angela Merkel dermaßen kritisch geworden, dass die CDU-Chefin sich jetzt genötigt sah, ihre erneute Kandidatur zu bekräftigen. (Foto: dpa)

Angela Merkel will noch einmal Parteichefin werden. Ob das so kommt, ist ungewiss: Vor dem Parteitag wird in Bayern und Hessen gewählt. Das kann die Lage in der CDU völlig verändern.

Kommentar von Robert Roßmann, Berlin

Eigentlich müsste jetzt alles klar sein. Angela Merkel hat deutlich gemacht, dass sie sich auf dem nächsten Parteitag erneut zur CDU-Vorsitzenden wählen lassen will. Früher wäre daraufhin ein Beifallssturm in der Union aufgebraust - die Bestätigung im Amt wäre nur noch eine Formsache gewesen. Doch am Freitag blieb es in der CDU erstaunlich ruhig. Am lautetesten meldete sich die konservative Werteunion zu Wort. Doch deren Chef applaudierte nicht - er verlangte den Rückzug Merkels.

In der CDU ist einiges ins Rutschen geraten. Erst hat die Kanzlerin in der Causa Maaßen das Gespür verlassen, dann bei der Wahl des Unionsfraktionschefs. Zwei derartige Fehler hintereinander sind Merkel in ihrer ganzen Amtszeit noch nicht passiert. Die Lage ist für die CDU-Chefin dermaßen kritisch geworden, dass sie sich jetzt genötigt sah, ihre erneute Kandidatur zu bekräftigen. Damit versucht Merkel, die Debatte über einen Führungswechsel in der Partei zu beenden, bevor sie richtig in Fahrt kommt. Bisher hat lediglich ein einfaches Berliner CDU-Mitglied angekündigt, gegen Merkel antreten zu wollen. Aber wer weiß, was die nächsten Wochen gebracht hätten, wenn die Vorsitzende jetzt nicht vorsorglich einen Pflock eingerammt hätte.

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Die Bundeskanzlerin will erneut als CDU-Chefin kandidieren und die Vertrauensfrage stellt sie auch nicht. Bei einer Diskussionsveranstaltung betont Merkel, sie gedenke, weiter ihre Arbeit zu machen.

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Doch trotz Merkels Ankündigung ist noch nicht sicher, dass sie auf dem Parteitag im Dezember auch tatsächlich antritt. Denn niemand weiß, wie die christdemokratische Welt nach den beiden Landtagswahlen im Oktober aussehen wird.

Klar ist bisher nur, dass das bayerische Ergebnis Merkel in keinem Fall Freude bereiten wird. Entweder erreicht die CSU wider Erwarten doch noch ein akzeptables Ergebnis - dann werden die Christsozialen dermaßen breitbeinig auftreten, dass sogar Uli Hoeneß im Vergleich dazu wie ein Sänftling erscheinen wird. Oder die CSU verliert so deutlich, wie es die Umfragen erwarten lassen. Dann wird die CSU nach Sündenböcken suchen, und dabei auch Angela Merkel finden.

Zwei Wochen nach den Bayern wählen dann auch die Hessen. Die CDU steht in dem Land derzeit zehn Prozentpunkte unter dem Ergebnis der letzten Landtagswahl. Bereits das ist für die CDU ein Fiasko. Wenn Volker Bouffier sogar die Staatskanzlei verlieren sollte, würde das gewaltige Schockwellen auslösen - die vor allem Merkel erschüttern würden.

Kein realistisches Szenario, in dem jemand anderes die Mehrheit im Bundestag hinter sich vereinen kann

Als Kanzlerin ist Merkel zwar immer noch in einer kommoden Lage. Sie kann nur durch ein konstruktives Misstrauensvotum aus dem Amt gehoben werden. Es gibt aber kein realistisches Szenario, in dem jemand anderes die Mehrheit im Bundestag hinter sich vereinen kann. Derlei würde schon die SPD verhindern, die keinem anderen CDU-Politiker vor Neuwahlen zur Kanzlerschaft verhelfen wird.

Als CDU-Chefin wird Merkel jedoch nicht durch Vorgaben des Grundgesetzes geschützt. Wenn die Delegierten Lust auf einen Wechsel verspüren, können sie sich einfach eine neue Führung wählen - so wie es die Unionsfraktion am Dienstag getan hat.

Vor der Bundestagswahl hat sich Merkel lange mit der Frage gequält, ob sie weitermachen soll. Sie wird deshalb auch nach den Landtagswahlen sehr genau prüfen, ob die CDU sie noch tragen wird - oder ob sie ihrer Partei besser einen Nachfolger präsentiert. Das wäre dann tatsächlich der Anfang vom Ende der Ära Merkel.

© SZ vom 29.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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