In der AfD soll der umstrittene Thüringer Landeschef Björn Höcke offenbar rehabilitiert werden. Nach Frauke Petrys Abschied aus der Alternative für Deutschland verdichten sich nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, WDR und NDR die Anzeichen, dass der Rechtsaußen-Politiker in der AfD bleiben und das Parteiausschlussverfahren gegen ihn ins Leere laufen soll. Aus hochrangigen Funktionärskreisen ist zu hören, es werde an einer Exit-Strategie gearbeitet.
Höckes Anhänger dringen intern schon lange darauf, dass der Beschluss, ihn aus der Partei zu werfen, zurückgenommen wird. Dieser Beschluss war im Frühjahr nach Höckes Dresdner Rede zur deutschen Geschichtspolitik auf Betreiben von Frauke Petry, aber auch von Alice Weidel gefasst worden. Weidel ist inzwischen neben Alexander Gauland Fraktionschefin im Bundestag. Höcke hatte Weidel im Wahlkampf unterstützt.
Soziologe zur AfD:Erwachen aus wutgetränkter Apathie
Was der Kapitalismus mit dem Wahlerfolg der AfD zu tun hat - und warum ihre Anhänger einen "autoritären Nationalradikalismus" vertreten. Ein Gespräch mit dem Soziologen Wilhelm Heitmeyer.
Geheimtreffen zwischen Gauland, Weidel und Höcke
Am Montag - kurz nach Frauke Petrys spektakulärer Ankündigung, nicht in die Fraktion einzutreten und die Partei zu verlassen - kamen Gauland, Weidel und Höcke in Berlin zu einem geheimen Treffen in einem Hotel zusammen. Bei dem Gespräch, so berichten es Insider, sei es darum gegangen, dass der von Höcke angeführte, extrem rechte Teil der Partei - einfach nur "der Flügel" genannt - bei der Postenverteilung nicht leer ausgeht. Höcke soll Bedenken gegen ein Amt für den Chef der Jugendorganisation der AfD, Markus Frohnmaier, geäußert haben. Dieser arbeitete zuletzt für Weidel.
Frohnmaier fiel am Mittwoch bei der Abstimmung in der Fraktion durch. Für viele überraschend wurde der Bayer Hans-Jörg Müller und somit ein Höcke-Unterstützer in den Fraktionsvorstand gewählt, er ist nun Parlamentarischer Geschäftsführer.
Bisher konnte sich Höcke stets der Unterstützung seines Vertrauten Gauland sicher sein - nicht aber der Alice Weidels. Weidel sagte noch am Montag nach der Bundestagswahl in der Bundespressekonferenz, dass das Verfahren gegen den Thüringer Landeschef weiterlaufe. Doch das muss nichts heißen: Ein Ausschluss durchläuft ein dreistufiges Verfahren. Es könnte schon nach der ersten Stufe enden, nämlich ausgerechnet in Thüringen, vor dem dortigen Landesschiedsgericht, das dem Vernehmen nach klar hinter Höcke steht. Der Bundesvorstand müsste danach die nächste Instanz anrufen. Sollte er das jedoch nicht tun, würde das Verfahren ins Leere laufen.
Der AfD-Bundesvorstand wird demnächst ohnehin turnusgemäß neu besetzt. Nach Petrys Rückzug haben sich die Machtverhältnisse im Führungskreis der AfD verändert, zugunsten von Höckes Lager und dem um Gauland. Die Höcke-Affäre gilt als schwere Belastung für die AfD, weil der Thüringer Landeschef gerade im Osten Deutschlands viele Anhänger hat. Nach Gaulands Einschätzung gehören bis zu 30 Prozent der AfD-Mitglieder zu Höckes Anhängern.