Rechtsanwalt Reinhard Löffler:CDU-Mandat und AfD-Mandant

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Anwalt Reinhard Löffler (re.) und Mandant Heinrich Fiechtner, ein früherer AfD-Abgeordneter. (Foto: Sina Schuldt/DPA)

Als christdemokratischer Abgeordneter soll Reinhard Löffler mit Politikern vom rechten Rand nicht einmal einen Espresso trinken. Als Anwalt aber vertritt er einen AfD-Abgeordneten. Reißt der Jurist die politische Brandmauer ein?

Von Roland Muschel, Stuttgart

"Letzte Kanzlei vor der Autobahn" steht an der Fensterfront, dahinter ein Smiley-Bild. An der Tür zwei Klingeln, eine für den Anwalt und eine für den CDU-Abgeordneten Reinhard Löffler. An den Wänden der Büroräume des Juristen und Politikers im Stuttgarter Westen hängen Originale berühmter Künstler, Dali, Picasso, Penck. Auf einem Sofa liegt ein Ordner mit Akten zum Fall des "Querdenken"-Gründers Michael Ballweg. Der Kopf zahlreicher Proteste gegen staatliche Corona-Maßnahmen ist Löfflers derzeit bekanntester Klient. Politisch aber muss sich der Anwalt mit CDU-Mandat vor allem dafür rechtfertigen, dass er gegenwärtig auch den baden-württembergischen AfD-Landtagsabgeordneten Udo Stein verteidigt.

Juristisch das Normalste der Welt. Aber wenn man wie Löffler für die CDU im selben Parlament sitzt wie der AfD-Politiker, den man juristisch unterstützt, stellen sich doch ein paar Fragen. Denn die Führung der baden-württembergischen CDU hat die Losung ausgegeben, dass man mit AfD-Politikern "nicht einmal einen Espresso" trinke.

In der CDU sind sie über das juristische Engagement des Abgeordneten irritiert

Es ist die schwäbische Variante des christdemokratischen Brandmauer-Versprechens. Und man könnte durchaus zum Schluss gelangen, dass Löffler die von der Parteispitze ausgegebene Espresso-Doktrin durch sein Mandat für AfD-Mann Stein grob missachtet, den er wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt vertritt. In der CDU sind sie über das juristische Engagement ihres Stuttgarter Abgeordneten zumindest irritiert, beim grünen Koalitionspartner schimpfen sie über den vermeintlichen "Szeneanwalt".

Darf der Jurist Löffler also, was der Abgeordnete Löffler nicht soll?

Politisch verortet sich der 70-Jährige als liberal denkenden Konservativen. In seiner Partei gilt er den einen als willkommener Kontrast zur wachsenden Zahl stromlinienförmiger Politkarrieristen. Den anderen als Querkopf, der sein Ego über das Interesse der CDU stelle. Und ziemlich allen als schwer steuerbar. Nach einer Karriere als Syndikus und Direktor bei IBM Deutschland und in seiner wohl letzten Legislaturperiode als Abgeordneter muss Löffler nichts mehr werden. In einer Fraktionssitzung forderte er Landesinnenminister Thomas Strobl, ebenfalls CDU, zum Rücktritt auf.

Auf seiner Abgeordneten-Visitenkarte steht "Hefezopfpolitischer Sprecher CDU-Fraktion"; eine Funktion, die es natürlich nicht gibt. Man kann das als Spott auf Kollegen lesen, die es mit Zusatzfunktionen ganz wichtig haben, und als Ausweis einer erfrischenden Distanz auf den politischen Betrieb.

Er würde auch Judas Iskariot vor dem Jüngsten Gericht verteidigen

Trotzdem fragen sich viele, ob er es nicht zu weit treibt mit der Verteidigung von Leuten wie Stein, Ballweg. Oder dem parteilosen früheren AfD-Abgeordneten Heinrich Fiechtner, der 2020 deutschlandweit Schlagzeilen machte. Nach einem verbalen Rundumschlag Fiechtners gegen Grüne, CDU, SPD und FDP ("An Ihren Händen klebt Blut!") und der Weigerung, einen Sitzungsausschluss zu akzeptieren, ließ die grüne Landtagspräsidentin ihn damals von der Polizei aus dem Plenarsaal tragen. Löffler, damals selbst ohne politisches Mandat, vertrat Fiechtner vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes gegen den Landtag. Politisch tragen ihm dieses Mandat viele bis heute nach.

Auf die Kritik gibt Reinhard Löffler eine Antwort, die sich in drei Teile untergliedern lässt. Den ersten Teil, den juristischen, packt er in den schmissigen Satz, dass er auch Judas Iskariot vor dem Jüngsten Gericht verteidigen würde. Er sorge mit dafür, dass der Rechtsstaat funktioniere. Jedem stehe eine ordentliche Verteidigung zu - unabhängig vom Vorwurf, von Alter, Geschlecht, Nationalität und natürlich auch der politischen Gesinnung.

"Ich soll ja auch nicht mit denen rauchen", sagt Löffler. "Aber dieses Gebot interessiert mich ebenso wenig." Es ist der zweite, der politische Teil der Antwort. Er würde mit jedem einen Espresso trinken und auch eine rauchen, wie er es bisweilen in Plenarpausen mit AfD-Politikern praktiziert. "Man lernt eine ganze Menge über jemanden, wenn man da mal zusammensteht." Bei ihm zu Hause sei schon Gregor Gysi gewesen, "politisch auch nicht meine Wellenlänge", aber als Mensch "sensationell". Man müsse sich in der Sache streiten, aber als Mensch zusammen einen Espresso trinken können.

Wegen zwei, drei solcher Fälle sei er doch kein "Szeneanwalt"

Der dritte Teil der Antwort zielt darauf ab, dass seine Kritiker zwei unterschiedliche Bereiche unzulässig vermischten, sein politisches Mandat und seine Arbeit als Anwalt. Ein Fraktionskollege sei Autohändler, der verkaufe sicher auch Autos an AfD-Mitglieder; ein anderer Herzchirurg, operiere der etwa keine AfDler? Der AfD-Politiker Stein sei ja nicht zu ihm gekommen, um ein politisches Problem zu diskutieren. Sondern, weil ihm ein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werde.

Wegen zwei, drei solcher Fälle sei man kein "Szeneanwalt", der Vorwurf sei lächerlich. Er habe zurzeit noch zwei Dutzend andere Mandate, Tierschutz, Mietrecht, Scheidungen, das volle Programm eines "Feld-, Wald- und Wiesenanwalts".

Im Landtag brachte die AfD kürzlich eine Gesetzesinitiative ein, die die doppelte Staatsbürgerschaft von Ministern ausschließen sollte. Der Vorstoß zielte auf den grünen Finanzminister Danyal Bayaz, der die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft besitzt. Für Löffler eine willkommene Gelegenheit, sich politisch von der AfD abzugrenzen. Er nutzte dafür einen Toilettenpapier-Vergleich: Der Gesetzentwurf der AfD, sagte er in seiner Plenarrede, sei "die Alternative zu Hakle Feucht".

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