Gesundheit:Lauterbach kritisiert Ärztestreik

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Aus Protest gegen die Gesundheitspolitik haben Ärzteverbände dazu aufgerufen, Hausarzt- und Facharztpraxen bundesweit zwischen den Jahren geschlossen zu halten. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Er sehe keinen Spielraum für Honorarzuwächse, sagt der Bundesgesundheitsminister, in den Praxen würde genug Geld verdient. Ärztevertreter entgegnen, die ambulante Versorgung sei in Deutschland dramatisch unterfinanziert.

Von Rainer Stadler, München

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat den Streik der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte erneut kritisiert. Forderungen nach mehr Geld halte er "für nicht begründet", sagte Lauterbach im ZDF. Abgesehen von der Schweiz würden Praxen nirgendwo in Europa so gut verdienen wie in Deutschland. Spielräume für Honorarzuwächse sehe er nicht. Wie schon vor zwei Tagen äußerte er Unverständnis über den Zeitpunkt der Praxisschließungen, zu denen mehrere Verbände aufgerufen hatten. Es gebe gerade eine "riesige Krankheitswelle" in der Bevölkerung.

Die Ärztelobby wies Lauterbachs Vorwürfe zurück. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Virchowbundes, erklärte, es gehe bei den Streiks "nicht um die Steigerung von Arzteinkommen, sondern um eine ausreichende und nachhaltige Finanzierung der bestehenden ambulanten Strukturen". Diese Strukturen seien "in akuter Gefahr, weil der ambulante Bereich durch die seit inzwischen 30 Jahren andauernde Budgetierung der am meisten unterfinanzierte Sektor im Gesundheitswesen" sei. Die Reaktion von Lauterbach zeige, dass die Ärzteproteste "richtig und wichtig sind und wir offenbar einen längeren Atem brauchen als befürchtet", sagte Verbandschef Heinrich. "Wir haben diesen langen Atem."

Vorigen Winter weigerten sich HNO-Ärzte, Kindern die Mandeln zu entfernen

Tatsächlich sind die Klagen von Ärzten und deren Verbänden nicht neu, dass Leistungen, die ambulant erfolgen, viel zu niedrig honoriert werden. Vorigen Winter weigerten sich HNO-Ärzte vorübergehend, Kindern die Mandeln zu entfernen, nachdem die Kassen das Honorar für den Eingriff gekürzt hatten. Auch in anderen Bereichen würden Operationen deutlich geringer vergütet, wenn sie ambulant erfolgen statt stationär im Krankenhaus, kritisieren Ärztevertreter. Die Sätze seien seit Jahren gleich, trotz Inflation und gestiegener Personalkosten. Das stehe im Widerspruch zu Lauterbachs Ankündigung, dass in Deutschland künftig mehr ambulant operiert werden soll, um die Kliniken zu entlasten.

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Nicht besonders gut kommen bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten auch Pläne des Ministers an, die vorsehen, einen Teil ihrer Aufgaben an Apotheken und Gesundheitskioske auszulagern. Zudem herrscht Frust in den Praxen über die zunehmende Bürokratie. So kam der Ruf nach einem Krisengipfel, den Lauterbach nun aufgenommen hat. Im Januar will er sich mit den unzufriedenen Ärzten zusammensetzen.

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