Ägypten:Milliarden aus den Emiraten

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So soll die neue Stadt Ras el-Hekma einmal aussehen. (Foto: youtube.com/@unhabitatglobal)

Ägypten hat wenig Geld, aber viel Küste. Wie sich daraus ein lukratives Geschäft machen lässt.

Von Bernd Dörries, Kairo

Es sei gar nicht so einfach, in so kurzer Zeit so viel Geld bereitzustellen, sagte Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi am Mittwoch - als sei er selber noch immer etwas überrascht, dass die Vereinigten Arabischen Emirate tatsächlich 35 Milliarden Dollar nach Ägypten überweisen. "Das sucht weltweit seinesgleichen", sagte al-Sisi bewegt. Ganz falsch liegt er damit sicher nicht, auch die Investoren vom Golf preisen ihr Investment als das größte, je am Mittelmeer getätigte. An der ägyptischen Küste soll auf 170 Quadratkilometern die neue Megastadt Ras el-Hekma entstehen: Investitionszonen, Technologiezentren, Vergnügungsparks, Yacht- und Flughafen, dazu Wohn- und Tourismusprojekte. Erste futuristische Entwürfe machen die Runde, in sechs Jahren sollen die ersten Bauten fertig sein. Investmentbanken haben errechnet, dass die Investition aus den Emiraten etwa dem entspricht, was sonst in drei Jahren an Direktinvestitionen nach Ägypten fließt.

Eher weniger wird darüber gesprochen, dass für das Megaprojekt wohl Tausende Anwohner umgesiedelt werden müssen - und vor allem darüber, dass Ägypten womöglich sein Tafelsilber verkauft. Angeblich wird bereits über die Verpachtung weiterer Grundstücke am Roten Meer an Saudi-Arabien diskutiert. Der Präsident spricht lieber nicht vom Ausverkauf, sondern von einer fairen Partnerschaft, aber nur 35 Prozent der zu erwartenden Gewinne werden laut den Verträgen im Land bleiben.

Dem Staat fehlen die Devisen

Letztlich hatte al-Sisi wohl keine Wahl, sollte ihn nicht das Schicksal seines Vorgängers Ismail Pascha ereilen. Der wollte Ägypten Ende des 19. Jahrhunderts in die Moderne führen, ließ den Suezkanal und Eisenbahnen bauen, führte das Land aber mit all seinen Großprojekten in den Staatsbankrott. Al-Sisi ließ 150 Jahre später einen zweiten Arm des Suezkanals bauen, viele Straßen und Eisenbahnen. Sehr viel davon war dringend notwendig, um die Infrastruktur des Landes nach Jahren der Vernachlässigung zu modernisieren.

Andere Großprojekte wie die neue Verwaltungshauptstadt für etwa 50 Milliarden Dollar dienten vor allem dazu, den Präsidenten noch größer zu machen. Und führten den Staat wie unter Ismail Pascha in die Nähe des Bankrotts, die Schulden haben sich unter al-Sisi auf 161 Milliarden Dollar vervierfacht, die Inflation liegt phasenweise bei 40 Prozent, weite Teile der Bevölkerung verarmen. Auch weil dem Staat die dringend nötigen Devisen für Importe von Weizen und Lebensmitteln ausgegangen waren, auf dem Schwarzmarkt ist der US-Dollar doppelt so teuer wie nach dem offiziellen Wechselkurs.

Die Milliarden aus den Emiraten verschaffen al-Sisi erst einmal Luft, ein weiterer Kredit über zehn Milliarden Dollar mit dem Internationalen Währungsfonds steht offenbar kurz vor dem Abschluss. Ob sich Ägypten langfristig stabilisiert, hängt nach Ansicht von Ökonomen aber davon ab, ob die Regierung notwendige Reformen durchführt, wie die Freigabe des Wechselkurses und den Verkauf zahlreicher Unternehmen, die von der Armee kontrolliert werden, die in allen Bereichen der Wirtschaft aktiv ist, Hotels betreibt und Nudeln herstellt. Die Generäle, so befürchten Skeptiker, könnten den Geldsegen als Ermunterung sehen, genauso weiterzumachen wie bisher.

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