Abtreibungen sollen nach Ansicht einer von der Bundesregierung beauftragten Kommission künftig in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen grundsätzlich erlaubt sein. Das geht aus dem Abschlussbericht der Arbeitsgruppe hervor, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt und kommenden Montag vorgestellt werden soll. Zuvor hatte bereits der Spiegel darüber berichtet.
In dem Bericht heißt es, dass die grundsätzliche Rechtswidrigkeit der Abtreibung in der Frühphase der Schwangerschaft nicht haltbar sei. Die aktuellen Regelungen im Strafgesetzbuch hielten einer "verfassungsrechtlichen, völkerrechtlichen und europarechtlichen Prüfung" nicht Stand.
Sobald der Fötus eigenständig lebensfähig ist, sollten Abbrüche der Kommission zufolge hingegen weiterhin verboten bleiben. Diese Grenze liege ungefähr in der 22. Woche seit Beginn der letzten Menstruation.
Die Spitze der Unionsfraktion drohte bereits mit einer Klage, sollte die Ampelkoalition Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen straffrei stellen. Das würde "zwangsläufig dazu führen", dass man in Karlsruhe klagen werde, sagte der erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, am Dienstag in Berlin. Er warnte davor, gesellschaftliche Konfliktlinien um das Abtreibungsrecht neu aufzureißen. Dies sei "grundüberflüssig" in einer Situation, in der die Koalition ganz andere Probleme zu bewältigen habe wie die Wirtschaftskrise oder die steigende Kriminalitätsrate. "Es wäre grundfalsch, weitere gesellschaftliche Konflikte zu provozieren", so Frei. Zwar gebe es zu dem Thema noch keinen Beschluss der Fraktion, er sei sich aber "ziemlich sicher, dass ich da auch für die Fraktion sprechen kann".
Abtreibung in Deutschland bisher nur unter Umständen straffrei
Eine Abtreibung ist derzeit grundsätzlich rechtswidrig. Sie bleibt jedoch straffrei, wenn sie in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird und die schwangere Frau zuvor eine Beratung in Anspruch genommen hat. Zwischen Beratung und Abbruch müssen mindestens drei Tage liegen. Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist ein Schwangerschaftsabbruch nach einer Vergewaltigung sowie bei Gefahren für das Leben, die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.
In den Wochen "zwischen erstem Trimester und Spätphase" könne der Gesetzgeber dann nach eigenem Ermessen festlegen, "bis zu welchem Zeitpunkt er einen Schwangerschaftsabbruch mit Einwilligung der Frau erlaubt", so die Kommission weiter. Auch eine Legalisierung von Abbrüchen über die zwölfte Woche hinaus wäre möglich.
Schwangerschaftsabbrüche:Frauen sollen besser vor Abtreibungsgegnern geschützt werden
Die Bundesregierung will Protestaktionen gegen Schwangerschaftsabbrüche vor Beratungsstellen und Arztpraxen verbieten. Frauen sollen dorthin gehen können, ohne belästigt zu werden.
Ob an der Beratungspflicht festgehalten werde, liege ebenfalls im Ermessen des Gesetzgebers. Bei medizinischer oder kriminologischer Indikation müsse es zudem weiterhin Ausnahmen geben, auch in späteren Phasen der Schwangerschaft.
Die Kommission sieht zudem Raum für Neuregelungen in den Bereichen Eizellspenden und Leihmutterschaft. So sei es ethisch vertretbar, Eizellspenden in Deutschland zuzulassen, sofern die Legalisierung "auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, die insbesondere den notwendigen Schutz der Spenderinnen und das Kindeswohl gewährleistet". Bei der altruistischen, also uneigennützigen Leihmutterschaft liege es im Ermessen des Gesetzgebers, am bisherigen Verbot festzuhalten. In bestimmten Fällen könne sie aber zulässig sein.