Folgen für die CSU:Gauweiler geht mit einer Stinkbombe

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Für die CSU ist der Rückzug von Peter Gauweiler das Ende einer Ära. Als Abgeordneter und Partei-Vize ist er zwar kein sonderlicher Verlust - ein Problem ist aber die Art seines Abgangs.

Kommentar von Robert Roßmann

Für die CSU ist es zweifelsohne das Ende einer Ära. Peter Gauweiler tritt als Partei-Vize und Bundestagsabgeordneter zurück. Damit verlässt der letzte Strauß-Intimus die aktive Politik. Gauweiler gehörte spätestens seit seiner Zeit als Münchner Kreisverwaltungsreferent zum Markenkern der CSU. Nach vierzig Jahren im Stadtrat, im Landtag und im Bundestag hört er jetzt auf. In der Praxis halten sich die Folgen seines Rücktritts aber trotzdem in Grenzen.

Als Abgeordneter ist Gauweiler kein Verlust. Er hat das Parlament eher selten besucht, auch die Sitzungen der CSU-Landesgruppe schwänzte er regelmäßig. Gauweiler ist zwar ein guter Redner, im Bundestag machte er von dieser Gabe aber kaum Gebrauch. Er hielt oft monatelang keine einzige Rede. Gauweiler gehörte zu den Abgeordneten, die am häufigsten bei Abstimmungen fehlten. Dafür rangierte er in der Liste der Parlamentarier mit den höchsten Nebenverdiensten immer ganz oben. Was Gauweiler erreicht hat, hat er nicht in Berlin geschaffen, sondern als Kläger in Karlsruhe.

Auch als Partei-Vize hat Gauweiler der CSU nicht sonderlich geholfen. Horst Seehofer hatte ihn 2013 überraschend zu seinem Stellvertreter wählen lassen, um mit dessen Euro-kritischen Positionen zu reüssieren. Das ging gründlich schief. Die CSU holte bei der Europawahl ein desaströses Ergebnis. Auch in Bayern gewinnt man die Wähler nicht mehr mit einfachem Brüssel-Bashing. Auf dem nächsten Parteitag hätte Gauweiler seinen Vize-Posten vermutlich sowieso verloren.

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Aus Protest an der Politik von CSU-Chef Horst Seehofer tritt Peter Gauweiler als stellvertretender Vorsitzender der Partei zurück. Als Erklärung gibt er die Euro-Rettungspolitik und innerparteiliche Differenzen an.

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Dass der Rückzug Gauweilers für die CSU trotzdem ein Problem ist, liegt an der Art seines Abgangs. Gauweiler geht mit einer Stinkbombe. In seiner Rücktrittserklärung wirft er der CSU praktisch vor, im Bundestag das eigene Programm zu verraten. Das ist Wasser auf die Mühlen der AfD und der Freien Wähler. Die beiden CSU-Konkurrenten hatten bei der Europawahl in Bayern mehr als zwölf Prozent geholt - und damit maßgeblich zum Absturz der CSU beigetragen. In Gauweiler haben sie jetzt einen Kronzeugen.

Außerdem insinuiert Gauweiler, die Parteispitze habe ihn genötigt, im Bundestag gegen seine Überzeugungen die Euro- und Griechenland-Rettungspolitik mitzutragen. Das ist so aber bestenfalls zum Teil richtig. Seehofer war sauer, dass bei der letzten Griechenland-Abstimmung nicht nur einfache CSU-Abgeordnete mit Nein gestimmt haben, sondern auch Funktionsträger aus der Partei und der Landesgruppe. Der Unmut richtete sich bestenfalls streifschussartig gegen Gauweiler. Von dem hatte eh niemand erwartet, dass er mit Ja stimmen würde. Schließlich hatte er in den vergangenen Jahren gegen alle Rettungspakete gestimmt. Dafür ist er nicht bestraft, sondern durch seine Wahl zum Parteivize sogar belohnt worden.

Gauweiler gilt zu Recht als geradlinig und unbeirrbar. Zweifelsohne ist er auch schillernder als viele der oft austauschbaren Abgeordneten. Mit seinen Klagen beim Bundesverfassungsgericht gegen die Euro-Rettungspolitik hat er mehr erreicht als manch anderer Parlamentarier im Bundestag. Aber Gauweiler ist auch ein Einzelkämpfer, ein Sturschädel und ein Egoist. Das hat er mit der Form seines Abgangs einmal mehr bewiesen.

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