Erfolg der Eurokritiker bei Europawahl:Die AfD hat zu danken

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AfD-Chef Bernd Lucke nach der Europawahl (Foto: AP)

Bernd Lucke beklagt sich über die "Altparteien", die seine Alternative für Deutschland totgeschwiegen hätten. Dabei sollte er sich bedanken: Die politischen Gegner haben den Erfolg der AfD erst ermöglicht. Sie sollten es ihr nicht noch einmal so leicht machen.

Ein Kommentar von Jens Schneider, Berlin

Am Montag empörte Bernd Lucke sich noch mal, wie feindselig die Gegner mit seiner "Alternative für Deutschland" umgegangen seien. Er rechnete vor, wie viele Plakate zerstört wurden, und beklagte, dass die "Altparteien", wie er Union oder SPD gern nennt, die AfD ausgrenzten und totschwiegen.

Gewiss ist es inakzeptabel, wenn Hunderte Wahlplakate der AfD zerstört wurden. Aber über die anderen Parteien muss Lucke sich nicht beschweren. Er kann ihnen dankbar sein. Sie haben der AfD sehr geholfen.

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Die vergangenen Wochen taugen geradezu als Lehrstück. Ihre Gegner haben gravierende Fehler im Umgang mit der AfD gemacht. Der Hauptfehler lag darin, dass man sie nicht ernst genommen hat. Stattdessen verließ man sich auf alte Reflexe. Und ritt Attacken gegen die AfD, die deren Erscheinungsbild nicht gerecht wurden.

Meist begnügten sich die Gegner damit, die Neuen als Rechtspopulisten zu etikettieren, oder gar als raffiniert getarnte Rechtsextremisten. Beides ist Unfug. Gewiss hat die AfD einige verquere und manche beklemmend reaktionäre Geister in ihren Reihen. Im Kern aber ist sie bürgerlich geprägt. CDU und CSU wissen das, viele einflussreiche Kräfte der AfD kommen aus ihren Reihen.

Wie hilft man einer neuen Partei? Ausgrenzen und Totschweigen

Wer die neue Partei nicht in die rechte Ecke stellte, versuchte es in der Tat mit Totschweigen und Kleinreden. Auch damit wurde jedoch genau das Gefühl bedient, das die Mitglieder der AfD zueinander geführt hat. Mehr als alle Inhalte verbindet sie der Glaube, dass die AfD Wahrheiten ausspricht, die offenkundig seien, aber in Deutschland Denkverboten unterlägen. Ihre Kritik am Euro ist für sie nur das wichtigste Beispiel, die Ukraine-Krise und die Einwanderungspolitik sind weitere.

Dieses Gefühl ist der Nährboden der AfD, auf dem die Partei so schnell auf 17 000 Mitglieder angewachsen ist. Sie füllt damit eine Lücke, die Union, SPD und auch die FDP gelassen haben, weil sie Diskussionen nur in einem engen Korridor führten. Die AfD ist die "Endlich-sagt-es-mal-einer"-Partei, für derzeit immerhin zwei Millionen Wähler.

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Nur wer das erkennt, kann den nötigen nächsten Schritt gehen und ihre Protagonisten beharrlich fragen, wohin ihre vermeintlichen Wahrheiten eigentlich führen. Das wäre der politische Wettbewerb, in dem Lucke und seine Weggefährten schnell an die Grenzen ihrer technokratischen Weltsicht stoßen - wenn endlich gründlich diskutiert würde, wohin seine Ideen für den Euro führen könnten. So wie sich schnell erweisen dürfte, dass viele Vorschläge der AfD an der Lebenswirklichkeit vieler Wähler vorbeigehen.

Im Spätsommer wird in drei ostdeutschen Ländern gewählt. Dort zog die AfD besonders viele Wähler an. Lucke orakelt schon über Regierungsbeteiligungen. Die kann er nicht ernsthaft anstreben. Seine Partei agiert dort auf einer inhaltlich extrem dünnen Basis. Personell hat sie wenig zu bieten. Ihre Gegner sollten es ihr nicht noch einmal so leicht machen, diese Mängel zu verbergen.

© SZ vom 27.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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