Ergebnis in Minsk:Merkel sieht einen "Hoffnungsschimmer"

Lesezeit: 3 min

Außenminister Steinmeier (links im Hintergrund) bleibt trotz der Einigung skeptisch. (Foto: dpa)
  • Von kommendem Sonntag an soll im Donbass eine Waffenruhe gelten. Das ist das zentrale Ergebnis des Krisengipfels in Minsk. In anderen Punkten gibt es wohl bisher noch keine Einigung.
  • Kanzlerin Merkel äußerte sich zurückhaltend über die Vereinbarung. Sie habe keine Illusionen, doch habe sie nun "deutlich mehr Hoffnung" als vor dem Gipfel.
  • Außenminister Frank-Walter Steinmeier macht deutlich, wie brüchig die Vereinbarung ist. Ein Durchbruch sei sie nicht.

Waffenruhe von Sonntag an - Abzug schwerer Artillerie

Beim Ukraine-Gipfel in Minsk haben sich die Verhandlungspartner auf Maßnahmen zur Umsetzung des Friedens in der Ostukraine verständigt ( Was drin steht). Die Kontaktgruppe aus Vertretern Moskaus, Kiews und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) unterzeichnete ein Abkommen mit den prorussischen Separatisten. Zuvor hatten in der weißrussischen Hauptstadt Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande über Stunden mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko verhandelt (Eine erste Einschätzung zum neuen Abkommen).

Im Donbass soll von diesem Sonntag 0:00 Uhr an eine Waffenruhe gelten. Außerdem wurde der Abzug schwerer Artillerie vereinbart. Journalisten vor Ort berichten zudem, dass es eine Einigung über den künftigen Austausch von Gefangenen gebe. Damit würde das Papier grundsätzlich die Inhalte des am 5. September ebenfalls in Minsk beschlossenen Abkommens beinhalten (im Überblick).

In einer gemeinsamen Erklärung bekräftigen die Gipfelteilnehmer Putin, Poroschenko, Hollande und Merkel den Willen zu einer friedlichen Lösung des Ukraine-Konflikts. Auch "die Achtung der Souveränität und die territoriale Unversehrtheit der Ukraine" werden explizit erwähnt. Man wolle die Umsetzung des Maßnahmenpakets unterstützen. Außerdem sollen auch in Zukunft trilaterale Gespräche zwischen der EU, der Ukraine und Russland stattfinden.

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Ungelöste Punkte

Im Verlauf der Verhandlungen hatte es geheißen, die Anführer der prorussischen Separatisten hätten sich geweigert, das Maßnahmenpapier zu unterzeichnen. Sie forderten angeblich den Rückzug der ukrainischen Truppen aus dem seit Tagen heftig umkämpften Eisenbahn-Knotenpunkt Debalzewe.

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Poroschenko hatte bereits vor den Verhandlungen klargemacht, dass er eine Waffenruhe ohne Vorbedingungen will. In einer Verhandlungspause in Minsk erklärte er dementsprechend, einige der russischen Forderungen seien unannehmbar. Der Nachrichtenagentur Ria Nowosti zufolge war die ukrainische Führung unzufrieden mit dem russischen Vorschlag für den Verlauf einer Demarkationslinie in der Ostukraine, die ukrainische Truppen und prorussische Rebellen voneinander trennen würde. Auch der Status der Gebiete unter Kontrolle der Separatisten war demnach umstritten. Dieser Punkt scheint bisher noch nicht gelöst.

Merkel: "Reale Chance, Dinge zum Besseren zu wenden"

Kanzerlin Merkel äußerte zurückhaltend über die Einigung. "Wir haben jetzt einen Hoffnungsschimmer", sagte sie in Minsk. "Aber die konkreten Schritte müssen natürlich gegangen werden, und es werden noch große Hürden vor uns liegen", "Ich habe keine Illusion, wir haben keine Illusion: Es ist noch sehr, sehr viel Arbeit notwendig", betonte Kanzlerin. Es gebe aber nun eine reale Chance, die Dinge zum Besseren zu wenden. Sie habe "deutlich mehr Hoffnung" als vor dem Gipfel in Minsk.

Merkel zufolge übte Putin zum Schluss der Verhandlungen Druck auf die Separatisten aus, damit sie mit der Waffenruhe einverstanden seien. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko habe alles getan, "um eine Möglichkeit des Beendens des Blutvergießens zu erreichen", sagte Merkel.

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Laut Steinmeier kein Durchbruch

Der deutsche Außenminister bleibt trotz der Einigung skeptisch. "Noch immer können Gewaltexplosionen alles zunichtemachen. Die heutige Vereinbarung ist keine umfassende Lösung, und schon gar kein Durchbruch", heißt es in einem Statement von Frank-Walter Steinmeier. Der SPD-Politiker machte deutlich, dass er sich mehr von dem Vierer-Gipfel erhofft hat. "Manchem wird das nicht reichen. Auch wir hätten uns mehr gewünscht. Aber es ist das, auf das sich heute Nacht die Präsidenten der Ukraine und Russlands einigen konnten."

In der Vergangenheit hatten sich die prorussischen Separatisten und die Regierung in Kiew schon zweimal darauf geeinigt, die Kämpfe einzustellen. Doch die Vereinbarungen waren von beiden Seiten wiederholt gebrochen worden (ein Überblick).

Kiew: Russische Panzer überquerten Grenze zur Ukraine

Zweifel an den Erfolgsaussichten des Abkommens könnten auch Nachrichten wecken, die allerdings bislang nur aus Kiew kommen: Demnach haben, noch in Minsk die Verhandlungen liefen, etwa 50 russische Panzer die Grenze zur Ukraine überquert. In der Nacht zu Donnerstag hätten die Truppen zudem etwa 40 Raketensysteme sowie ebenso viele gepanzerte Fahrzeuge über den Kontrollpunkt Iswarine in die Region Luhansk gebracht, erklärte der ukrainische Armeesprecher Andrej Lyssenko in Kiew. Diese Information wurde aber bislang nicht von unabhängiger Seite bestätigt.

© Süddeutsche.de/Reuters/AFP/dpa/anri - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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