Union:CSU und CDU wollen einen Neuanfang

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Zwei, die es anders machen wollen als ihre Vorgänger: der designierte CSU-Chef Markus Söder und die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. (Foto: N/A)
  • Die Beziehung zwischen CDU und CSU war in den vergangenen Jahren stark belastet, was nicht zuletzt am Zwist zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer lag.
  • Mit neuem Führungspersonal in den Parteispitzen soll auch ein neues Miteinander beginnen.
  • Die Wiederannäherung beginnt diese Woche auf der Klausur der CSU-Landesgruppe im Kloster Seeon. Auch die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ist zu Gast.

Von Nico Fried, Berlin

Das Trauma sitzt tief. Als Angela Merkel jüngst auf dem Parteitag in Hamburg für ihre 18 Jahre an der Spitze der CDU geehrt werden sollte, bat ihr Stellvertreter Volker Bouffier die scheidende Parteichefin, auf der Bühne neben ihr stehen zu bleiben. Merkel reagierte mit gespielter Spannung: Sie habe ja in so einer Aufstellung ihre Erfahrungen gemacht, sagte die Kanzlerin und meinte den November 2015, als Horst Seehofer sie auf dem CSU-Parteitag in München minutenlang von oben herab kritisierte.

Doch die Jahre des Missvergnügens zwischen den Schwesterparteien, die dieser Schlüsselszene folgten, sie sollen nun ein Ende haben. Merkel ist nicht mehr CDU-Chefin, Seehofer nimmt demnächst seinen Abschied von der CSU-Spitze. Unabhängig davon, wer von den beiden mehr Schuld auf sich geladen hat, ist damit der wichtigste persönliche Zwist, der alle inhaltlichen Debatten begleitet hatte, erledigt. Beide Parteien erhoffen sich einen Neuanfang mit den Nachfolgern Annegret Kramp-Karrenbauer und Markus Söder. Die Wiederannäherung beginnt diese Woche, wenn die CSU-Landesgruppe im Bundestag von Donnerstag an in Kloster Seeon zur Klausur zusammensitzt. Ein Gast: Kramp-Karrenbauer.

Das neue Miteinander wird vorsichtig inszeniert. Kramp-Karrenbauer und Söder treffen in Seeon noch nicht persönlich zusammen, sie kommen der Planung zufolge an verschiedenen Tagen. Söder hat Kramp-Karrenbauer aber unmittelbar nach ihrer Wahl in Hamburg gratuliert und das auch per Twitter öffentlich kundgetan. Ein längeres Telefonat zwischen beiden gab es auch schon. Aber noch ist Söder ja nur bayerischer Ministerpräsident und lediglich vorgesehener CSU-Vorsitzender. Erster Ansprechpartner der CDU-Chefin in der Schwesterpartei bleibt formal noch einige Tage lang Horst Seehofer.

Für den Besuch in Kloster Seeon unterbricht sie extra ihren Urlaub

Gleichwohl haben Kramp-Karrenbauer und Söder bereits erste Gesten des guten Willens bekannt gemacht. Die CDU unterstützt nicht nur Manfred Weber als gemeinsamen Spitzenkandidaten für die Europa-Wahl, beide Parteien wollen auch ein gemeinsames Wahlprogramm schreiben. Zudem sollen die Spitzen von CDU und CSU sich künftig in gemeinsamen Telefonkonferenzen häufiger abstimmen. Das gab es früher schon, wurde aber unter Merkel und Seehofer nicht weiter verfolgt. Sogar gemeinsame Sitzungen der Führungsgremien gelten als vorstellbar - die letzte Zusammenkunft dieser Art war die Nominierung Merkels zur Kanzlerkandidatin auch der CSU Anfang 2017. Die Veranstaltung in München blieb vor allem wegen Merkels betont mieser Laune auf der anschließenden Pressekonferenz unvergessen.

Auch wenn Kramp-Karrenbauer und Söder sich noch nicht begegnen werden: Mit der Landesgruppe trifft die CDU-Vorsitzende immerhin den CSU-Teil, mit dem sie es künftig in Berlin verstärkt zu tun hat - und der sie als Teil der Unionsfraktion womöglich früher oder später zur Bundeskanzlerin mitwählen soll. Für den Besuch in Kloster Seeon unterbricht sie extra ihren Urlaub, den sie sich nach dem anstrengenden parteiinternen Wahlkampf und den Regionalkonferenzen der CDU um Weihnachten und die Jahreswende erlaubt hat, und bleibt sogar über Nacht im Kloster. Dies ist genauso als freundlicher Akt der neuen CDU-Chefin zu verstehen wie auf der anderen Seite die moderaten Forderungen, mit denen sich die Bundestagsabgeordneten der CSU in Szene setzen wollen.

Anders als in den vergangenen Jahren, als die Klausurpapiere der Landesgruppe zu Jahresbeginn oft Konfliktpotenzial für Union und Koalition enthielten, kann die CDU alles, was bislang bekannt wurde, problemlos als interessante Anregung verbuchen. Staatlich geförderte Masten für den Digitalfunk werden ebenso wenig Keile zwischen CDU und CSU treiben können wie die relativ wolkige Ankündigung einer Steuererhöhungsbremse.

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Auch in anderen Bereichen - wie etwa der Entwicklung künstlicher Intelligenz - setzen die Bundestagsabgeordneten der Partei jetzt auf eine stärkere Rolle des Staates.

Von Robert Roßmann

Umgekehrt ist es wohl nicht so, dass die neue CDU-Vorsitzende von der CSU naserümpfend und mit verschränkten Armen empfangen wird. Kramp-Karrenbauer steht der CSU gesellschaftspolitisch zum Beispiel bei der Migration oder der Homo-Ehe durchaus nahe. Auch ihre Sozialpolitik deckt sich eher mit der CSU als der marktliberale Ansatz, für den ihr Konkurrent um den Parteivorsitz, Friedrich Merz, zumindest aus früheren Zeiten bekannt ist.

Kramp-Karrenbauer und Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wiederum können ihre persönliche Bekanntschaft noch vertiefen, auch wenn beide bereits an sämtlichen Sondierungen und Koalitionsverhandlungen der mühsamen Regierungsbildung beteiligt waren. Dobrindt gilt nicht gerade als ein Gewinner im internen Machtspiel, das die CSU in den vergangenen Monaten abgeliefert hat. Der Durchmarsch auf Staatskanzlei und Parteispitze macht Söder trotz des katastrophalen Ergebnisses bei der Landtagswahl vorerst zum starken Mann in der CSU.

Andererseits ist der Landesgruppenchef traditionell niemand, der in allzu großer Abhängigkeit vom Parteivorsitzenden steht. Der schlägt ihn zwar vor, seine Legitimation bezieht Dobrindt aber aus der Wahl durch die Abgeordneten. Sie sind seine Machtbasis. Zudem wächst Dobrindt Einfluss zu, weil er sich in Berlin auskennt. Söder und Kramp-Karrenbauer sind die Neuen, wenn künftig der Koalitionsausschuss die Politik der letzten Regierung Merkel verhandelt. Dobrindt ist schon länger dabei. Dass die Kanzlerin persönliche Sympathie für ihn hat, lässt sich nicht belegen, aber sie nimmt ihn ernst. Bei Kanzlerin Merkel und Söder ist bislang beides zweifelhaft.

© SZ vom 02.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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