Elf Tage ist es her, dass der Zyklon Idai auf die Küste von Mosambik traf, und noch immer harren auf Hausdächern und Bäumen Menschen aus, die auf Rettung hoffen. Der Sturm der Stärke vier von fünf und die Regenfälle haben auch in den Nachbarländern Simbabwe und Malawi große Schäden angerichtet. Nach Angaben der mosambikanischen Regierung starben allein dort etwa 700 Menschen, die Vereinten Nationen gehen von weitaus mehr Todesopfern aus. In Mosambik sollen etwa 400 000 Menschen ihre Häuser durch den Sturm und die Überschwemmungen verloren haben. 500 000 Hektar Ackerland wurden überflutet. Besonders hart traf es das Umland der Küstenstadt Beira. Der Mosambikaner Joaquim Mucavele, 46, ist Berater eines deutschen Honorarkonsuls in Maputo. Er ist für drei Tage nach Beira geflogen, um sich ein Bild von der Lage zu machen.
SZ: Herr Mucavele, sie kamen am Montagabend zurück aus Beira. Welchen Eindruck haben Sie von der Stadt?
Joaquim Mucavele: Ich kenne Beira als sehr lebendige Stadt, aber jetzt ist alles grau und verwüstet. Als ich mit dem Flugzeug auf Beira zugeflogen bin, wurde mir klar, dass die Stadt komplett zerstört ist. Riesige Bäume sind umgestürzt, die Dächer weggerissen, Stromleitungen liegen an den Straßen. Aber das Wasser ist jetzt zurückgegangen.
Wie geht es den 500 000 Menschen, die in der Stadt leben?
Die Menschen dort stehen total unter Schock, so etwas haben sie noch nie erlebt. Manche suchen noch nach Familienmitgliedern und Verwandten. Vor allem die Kinder sind traumatisiert. Bis Sonntag war der Landweg nach Beira versperrt, die Vorräte in den Lagern wurden immer knapper. Am Sonntagnachmittag konnte dann eine Zugangsstraße befestigt werden und eine größere Menge Lebensmittel und Medikamente in die Stadt gebracht werden.
Meteorologie:Wirbelstürme werden intensiver
Auf die Frage, ob Zyklone in den vergangenen Jahrzehnten häufiger geworden sind, gibt die Klimaforschung widersprüchliche Antworten. Prognosen durch Klimamodelle ergeben nicht unbedingt mehr, aber intensivere Stürme.
Wo sind die Menschen untergebracht, die ihre Häuser verloren haben?
Sie schlafen in Notlagern aus Zelten. Aber es gibt dort keine Matratzen, sie haben nur Decken und sehr wenig Platz. Frauen und Kinder sind von den Männern getrennt untergebracht. Ich schätze, an die 200 000 Menschen leben gerade in den großen Lagern.
Also fast die Hälfte der Einwohner von Beira.
Es sind nur zum Teil Stadtbewohner. Am schlimmsten hat es die Menschen im Umland in der Region Buzi getroffen. Es werden auch jetzt noch Menschen mit Helikoptern von Dächern und Bäumen gerettet und nach Beira gebracht. Zudem suchen Drohnen nach weiteren Überlebenden. In der Woche nach dem Wirbelsturm mussten die Einsätze oft wegen neuer Regenfällen unterbrochen werden. Aber seit Sonntag hat es aufgehört zu regnen.
Sie waren drei Tage in Beira, wie geht es mit der Hilfe voran?
Die Zugangsstraße ist ein großer Fortschritt. Aber jetzt ist die Angst groß, dass Seuchen wie Cholera oder Malaria ausbrechen [Am Mittwoch haben die mosambikanischen Gesundheitsbehörden den Ausbruch der Cholera bestätigt. Fünf Infektionsfälle sind bislang gemeldet, d. Red.]. Die Leute, die es sich leisten können und aus dem Ausland kommen oder Verwandte im Ausland haben, lassen sich außer Landes fliegen.
Wie wird Verletzten geholfen?
Das zentrale Krankenhaus ist zu 80 Prozent zerstört. Der Sturm hat das Dach weggerissen, in den Räumen steht das Wasser. Viele Verletzte werden in einem Lazarett am Flughafen von Beira behandelt. Es werden aber noch mehr Ärzte vor Ort gebraucht.
Welche weiteren Folgen hat die Katastrophe für die Region?
Bisher gibt es nur an zwei Plätzen in der Stadt Strom. Und ein großes Problem ist die Bildung. In Beira wurden alle Schulen und die beiden Universitäten zerstört. Ich habe Sorge, dass die Kinder das gesamte Jahr noch nicht wieder zur Schule gehen können. Die großen Supermärkte und auch die Wohngegenden, in denen bessere Häuser standen, sind komplett verwüstet.