Verbrechensbekämpfung:Zur Reh-Sozialisierung

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Disneys "Bambi" soll jetzt Wilderer bekehren. (Foto: picture alliance / -/DVD Bambi/D)
  • Der Wilderer David Berry muss auf Beschluss eines Gerichts in Missouri während seiner Haftstrafe mindestens einmal im Monat Walt Disneys "Bambi" schauen.
  • Der 29-Jährige hatte zusammen mit seinem Vater und seinen beiden Brüdern gegen "eine Riesenliste" von Jagdgesetzen verstoßen.
  • In der internationalen Rechtsprechung könnte das Bambi-Urteil eine ganz neue Phase einläuten.

Von Martin Zips

Amerika ist nicht nur das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, es ist auch das Land der kuriosesten Gerichtsurteile. Mal wird ein ohrfeigender Texaner vom Richter in einen Yoga-Kurs geschickt, weil man bei den Yogis besonders gut Beherrschung lernen kann. Dann wird eine Frau aus Pennsylvania dazu verdonnert, ein Jahr lang ein Foto von den sterblichen Überresten genau jenes Mannes mit sich herumzutragen, den sie zuvor unter Alkoholeinfluss überfahren hatte. Und jetzt muss, wie nicht nur CNN berichtet, der Wilderer David Berry auf Beschluss eines Gerichts in Missouri während seiner Haftstrafe mindestens einmal im Monat Walt Disneys "Bambi" schauen, um endlich zu kapieren, welches Unglück das Erschießen einer Hirschkuh bei einem jungen Hirschkalb auslöst. (Hätte Berry nicht Hirsche, sondern andere Tiere getötet, so hätte der Staatsanwalt womöglich auf "König der Löwen" plädiert.)

Film als Strafe - da kann wirklich jeder mitreden, der sich im Kino bei "50 Shades of Grey", "Call me by your name" oder dem Spätwerk von Lars von Trier wundgesessen hat. Meist ist es ja so: Arthaus-Fans fürchten sich vor Blockbustern. Popcorn-Fans fürchten sich vor dem, was im Programmkino so läuft. Für moderne Frauen sind alte Doris-Day-Filme die absolute Pest, junge Männer hingegen fürchten sich vor Filmen mit Julia Roberts. Und Kinder mögen all das nicht, was ihre Eltern einst gut fanden: Stummfilme, Zeichentrickfilme und alles im Format 4:3. Nur "Bambi" - das finden wirklich alle gut. Bis auf Wilderer vielleicht.

Disneyfilme als Strafe
:Und die Moral ...

Ein Wilderer in den USA soll "Bambi" kucken, um bekehrt zu werden. Aber gäbe es da nicht noch mehr Möglichkeiten? Beispiele, bei welchen Straftaten sich andere Zeichentrick-Filme geradezu aufdrängen würden.

Verirrte Menschen pädagogisch wertvoll wieder auf den rechten Weg zu bringen - so wie die drei Weihnachtsgeister den Geizhals Ebenezer Scrooge in Charles Dickens "A Christmas Carol" - eigentlich ist das keine schlechte Idee.

Statt, zum Beispiel, wegen zu lautem Sex ein Ordnungsgeld von 255 000 Euro anzudrohen, hätte der zuständige Richter des Amtsgerichts Rendsburg das junge Pärchen vor einigen Jahren auch einfach zum Betrachten des französischen Films "Delicatessen" verpflichten können. Denn dort sieht man ja, wozu der aufgenötigte Takt eine Hausgemeinschaft auf Dauer bringen kann. Und dem deutschen Jugendlichen, der einst von einem Ladenbesitzer Schmerzensgeld dafür verlangte, dass dieser ihm genau jenen Alkohol verkaufte, durch dessen Konsum er sich später etwas im Reißverschluss einzwickte (mit weitreichenden Folgen), hätte der Richter auch "Verrückt nach Mary" verordnen können. Nach dem Motto: So kann es gehen, mein Lieber, wenn du nicht aufpasst! Aber dafür kann der Ladenbesitzer ja nix.

Fest steht schon jetzt: In der internationalen Rechtsprechung könnte das Bambi-Urteil von Missouri eine ganz neue Phase einläuten.

© SZ vom 19.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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