Als Gerüchte über den Tod des Präsidenten die Runde machten, drehte der Alleinherrscher an der Hölle ein paar Donuts. Die bösen Spekulationen sollten widerlegt werden, also zeigte das turkmenische Staatsfernsehen eine Fülle energiegeladener Aufnahmen des Staatschefs: auf dem Pferd, beim Schießen, Bowlen, im Fitnessstudio und im Jeep am Rande eines brennenden Wüstenkraters - am "Tor zur Hölle". Luftaufnahmen des kreisenden, mächtig Staub aufwirbelnden Präsidenten Gurbanguli Berdymuchamedow, nur ein paar Meter von der Flammengrube entfernt, sollten offensichtlich das Volk beruhigen und beeindrucken. Mehr als zwei Jahre liegt der Bilderreigen zurück. Offiziell sollte der Dreh vor der spektakulären Kulisse in der Karakum-Wüste den Motorsport im Land promoten. Jetzt will der diktatorische Präsident die Hölle schließen.
Seit mehr als 50 Jahren schießen Flammen aus dem 20 Meter tiefen Wüstenkrater. Als Turkmenistan noch zur Sowjetunion gehörte, machten Ingenieure 1971 in der Wüste Probebohrungen, doch die gingen schief. Die Bohrer trafen eine Gashöhle, das Erdreich gab nach, das Equipment stürzte hinab. Gas strömte aus. Damit sich keine gefährlichen Dämpfe ausbreiteten, beschlossen die Behörden, das Gas abzufackeln. Nach ein paar Tagen würden die Flammen schon erlöschen, dachte man damals. Stattdessen entstand eine Art ewiges Feuer, auf etwa 70 Metern Länge. So groß ist der Gasreichtum des zentralasiatischen Landes, dass ein natürliches Ende des Brandes nicht absehbar ist.
Präsident Berdymuchamedow hatte der Begriff "Tor zur Hölle" nicht sonderlich gefallen, 2018 benannte er das Feuerloch deshalb in "das Leuchten von Karakum" um. Doch nun zeigt er sich besorgt um die Gesundheit der in der Nähe lebenden Menschen, um die Umwelt - und um entgangene Einnahmen geht es ihm auch. "Wir verlieren wertvolle natürliche Ressourcen, für die wir erhebliche Profite erhalten könnten, um sie für das Wohlergehen unserer Bevölkerung zu nutzen", sagte er nach einem Kabinettstreffen im staatlichen Fernsehen. Der Nachrichtendienst Bloomberg weist hingegen nüchtern darauf hin, dass Turkmenistan einer der größten Verursacher des Treibhausgases Methan sei.
Etwa 350 Menschen leben in der Nähe des Kraters in dem Wüstenort Darwasa. Von der turkmenischen Hauptstadt Aschgabat bis hierher sind es knapp 270 Kilometer, eine Fahrt, die auf den letzten Kilometern über eine unbefestigte Sandpiste verläuft. Auf der Internetseite eines russischen Adventure-Anbieters heißt es, dass es um den Krater herum keine bezahlten Parkplätze gebe, keine Souvenir-Stände, aber auch keine Menschenseele weit und breit. Das einzige Café, in dem man eine Kleinigkeit essen könne, liege mehrere Kilometer entfernt. Trotzdem hat sich der Feuerkrater von Darwasa, das "Tor zur Hölle", in den vergangenen Jahren als eine der größten Sehenswürdigkeiten des Landes etabliert. In Scharen kommen Touristen dennoch nicht, schon gar nicht aus dem Ausland.
In der Hauptstadt dürfen nur weiße Autos fahren - weil der Präsident es so will
Turkmenistan ist eines der am stärksten abgeschotteten Länder, eine Diktatur in der Kategorie Nordkoreas. Auf der Liste der Medienfreiheit bei Reporter ohne Grenzen steht das Land auf Platz 178 von 180. Berdymuchamedow betreibt einen bizarren Kult, wünscht etwa in der Hauptstadt ausschließlich weiße Autos auf den Straßen, und er ließ nicht nur sich selber ein goldenes Denkmal setzen, sondern auch seiner Lieblingshunderasse - der turkmenischen Variante eines Schäferhundes.
Immerhin, der Kanadier George Kourounis durfte sich 2013 einmal in einem feuerfesten Spezialanzug für 17 Minuten auf den Grund des Kraters abseilen, um nach Mikroorganismen zu suchen, die bei einer solchen Temperatur überleben. "Es ist wie ein anderer Planet", sagte Kourounis jetzt in einem BBC-Interview, "es gibt keinen Ort wie diesen." Und deshalb erstaune es ihn schon, dass Berdymuchamedow die faszinierende Attraktion nun schließen lassen wolle. Das versuchte er schon einmal im Jahr 2010, als er den brennenden Krater besuchte. Damals war er allerdings noch nicht Turkmenistans allmächtiger Präsident, andererseits: Die Natur ist oft schwieriger zu kontrollieren als ein ganzes Land.