Hochwasser in Australien:"Es liegen harte 24 Stunden oder sogar 48 Stunden vor uns"

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Eine überflutete Straße in Camden, einem Vorort von Sydney. (Foto: Dean Lewins/Imago/AAP)

Das schlimmste Hochwasser seit Beginn der Wetteraufzeichnungen an der Ostküste Australiens trifft nun auch Sydney immer heftiger. Für viele Vororte gibt es Evakuierungsbefehle - und es soll weiter regnen.

Von Friedrich Conradi

Wasserfälle bahnen sich ihren Weg durch Fenster, Gärten und Häuser, mitten in Sydney werden Autos mitgerissen. Wo Fußgängerzonen und Straßen waren, fahren nun Motorboote, das Wasser steht mancherorts meterhoch. Die Jahrhundertflut im Osten Australiens hat nun auch eine der größten Städte des Landes mit voller Wucht erreicht. Im Internet finden sich zahllose Videos der apokalyptischen Szenen, hochgeladen von ungläubigen Bewohnern und Bewohnerinnen. Viele von ihnen müssen nun ihre Häuser und Wohnungen verlassen, erneut wurden in der Millionenmetropole Zehntausende aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen. Für etwa ein Dutzend Vororte gab es Evakuierungsbefehle.

In Sydney regnet es bereits seit mehr als zwei Wochen fast ununterbrochen, in der vergangenen Woche haben sich die Niederschläge noch einmal verschärft. Etwa 130 Liter pro Quadratmeter sind laut dem deutschem Wetterdienst (DWD) in den letzten drei Tagen auf die Stadt niedergegangen - so viel wie normalerweise im ganzen Regenmonat März. Der Starkregen habe vor allem im Südwesten der Metropole zu neuen Überflutungen geführt, teilten die Behörden am Dienstag mit. Teile der Bundesländer Queensland und New South Wales, wo auch Sydney liegt, haben sich in Seenlandschaften verwandelt.

In Lismore, einer Kleinstadt 700 Kilometer nördlich von Sydney, hat der Regen inzwischen nachgelassen. Wo das Wasser abfließt, kommt langsam das Ausmaß der Zerstörung zum Vorschein, das auch anderen Teilen des Landes bevorstehen könnte: Schrottberge und Müll türmen sich auf den Straßen, ganz Lismore stinkt lokalen Medien zufolge nach Fäulnis und Urin. Viele Häuser dürften unbewohnbar geworden sein.

Die Bilder erinnern an das Hochwasser im Sommer 2021 in Deutschland, bei dem mehr als 180 Menschen ums Leben kamen. Und auch in Australien hat die Flut bereits Todesopfer gefordert. Erst am Montag wurden in Sydney eine 67-jährige Frau und ihr 34-jähriger Sohn im Westen der Stadt tot aus den Fluten geborgen. Laut der Nachrichtenagentur AAP sind in Queensland und New South Wales bereits 20 Menschen gestorben. Und es gibt noch mehr schlechte Nachrichten für Sydney, denn die Regenfälle sollen erst einmal weitergehen. "Es liegen harte 24 Stunden oder sogar 48 Stunden vor uns", wird das Bureau of Meteorology, das für die Bundesregierung Australiens Wettervorhersagen erstellt, in Medienberichten zitiert. Meteorologen warnten vor Sturzfluten und einem "sehr gefährlichen Gewitter".

Das australische Klima wird durch den Klimawandel noch extremer

Für die australische Ostküste ist es die verheerendste Überflutung seit Beginn der Wetteraufzeichnungen - nach mehreren Jahren extremer Dürre. 2020 erst hatte es in der eigentlichen Regenzeit extreme Trockenheit und in Folge fatale Waldbrände und Buschfeuer gegeben, deren Bilder um die Welt gingen. Nun folgt das andere Extrem. Aber wie kommt es zu dieser Flut? Und was hat die aktuelle Situation mit dem Klimawandel zu tun?

Ein Anruf bei Klimatologe Markus Ziese vom DWD. "Über der Region um Sydney und in Queensland ist ein ausgedehntes Gebiet niedrigen atmosphärischen Luftdrucks", erklärt er. "Wolken können also sehr schnell aufsteigen und sich abregnen. Zusätzlich werden sie vom Küstengebirge blockiert und stauen sich." Aber auch die Meerestemperatur trage ihren Teil zur Flut bei. "Der Pazifik ist gerade besonders warm, dadurch können sich besonders viele Wolken bilden", so Ziese.

Was sich nach einer unglücklichen Zufallskonstellation anhört, kommt für den Experten für Niederschläge nicht unbedingt unerwartet. Der Klimawandel könne nicht im Einzelnen als Erklärung herangezogen werden, mache derartig extreme Wetterlagen aber wahrscheinlicher. "Australien hat ein Klima der Extreme, gerade an der Ostküste wechseln sich über das ganze Jahr starke Niederschläge und sehr heiße Trockenphasen ab." Das australische Klima werde, so Ziese, durch den Klimawandel noch extremer - mit unabsehbaren Folgen für die kommenden Jahre.

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