Spezi in Kalifornien:Was Amerikaner von deutschen Softdrinks halten

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Ein Flasche Spezi, Verzeihung, Sunset am Strand in Kalifornien. (Foto: Agentur LeHof/Agentur LeHof)

"Spezi" kommt unter dem Namen "Sunset" nach Kalifornien und wird vermarktet als "Sonnenuntergang in psychedelischen Farben". Kann das funktionieren?

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Spezi heißt jetzt also "Sunset", in den USA zumindest, und eines gleich vorneweg: Der Name passt wunderbar, da können die Deutschen herummäkeln, wie sie wollen. Wer beispielsweise Jürgen heißt und andauernd mit "Tschörgen" angeredet wird, ahnt, was Kalifornier aus dem Namen Spezi gemacht hätten: "SpaceY" wahrscheinlich, und dann würde Elon Musk, der ja zu wirklich allem was zu sagen hat, einen roten Faden zu seiner Weltraumfirma Space-X herstellen und Spezi-Hersteller Paulaner entweder verklagen oder, schlimmer noch, zu einem kostenpflichtigen X-Account, überreden.

Damit auch wirklich jeder in Los Angeles weiß, dass es dieses Getränk namens "Sunset" jetzt auch hier in den USA gibt, haben sie in Venice Beach sogar ein Sonnenuntergangwandgemälde angebracht und darauf eine Erklärung geschrieben, um was für ein Getränk es sich handelt: "Cola with orange flavored soda", Cola mit Organgenbrause. Dass sich die Firma so viel Mühe gibt, den Amerikanern das Getränk zu beschreiben und als "Donna Summers 'I feel love' in Flaschenform" zu vermarkten, liegt vermutlich an der gesicherten Erkenntnis, dass es feine Unterschiede im Erfrischungsgetränkekonsum zwischen Deutschen und Amerikanern gibt.

Letztere nämlich haben gewaltige Probleme mit drei deutschen Getränken. Erstens: Radler. Amerikaner wissen nicht, was Zitronenlimo ist - also: lemon flavored soda. Nein, amerikanische "Lemonade" ist etwas völlig anderes als "weiße Limo", und nur Barbaren halten "Sprite" für eine brauchbare Alternative. Man kann also nicht einfach Bier mit Sprite mischen, und das führt zum zweiten Missverständnis, weil Amerikaner das, was die US-Mega-Brauereien fabrizieren, tatsächlich für Bier halten. Das dritte Problemgetränk ist die Spezi, denn wer an einem Automaten (zum Beispiel in Kinos) Cola mit Fanta mischt, kann das kaum noch trinken, aber immerhin bei einem Rülpswettbewerb in den dreistelligen Dezibelbereich vordringen.

Wer also mal richtig verzweifeln will, sollte versuchen, einem Amerikaner, der nie in Deutschland gewesen ist, die Getränke Radler und Spezi zu erklären.

Nun also Sunset-Spezi in Kalifornien, was insofern passt, als es hier am Strand die Lebensweisheit gibt, dass man sich mindestens ein Mal am Tag den Sonnenuntergang ansehen sollte. Dass sich die Leute mindestens einmal am Tag ein "Sunset" gönnen sollten, ist angesichts von 263 Sonnenschein-Tagen im Jahr natürlich eine ganz gewiefte Marketingidee. Problem dabei: Es gibt noch einen anderen Spruch über Kalifornien und die Bewohner. In Anlehnung an die Henne-Ei-Debatte fragt man sich nämlich bisweilen, was zuerst kam: der Umzug nach Kalifornien oder die Bekehrung zum zuckerfreien Crossfit-Veganismus. In kalifornischen Supermärkten sind Tausende entweder ultragesunde (immer noch in: Kombucha) oder energiespendende Getränke zu finden; Softdrinks werden in der Süßigkeiten-Reihe versteckt, bei der Kette Trader Joe's gilt schon spritziger grüner Tee mit Ananassaft als Softdrink.

Wie also vermarktet man Spezi in Kalifornien? Paulaner versucht es mit dem "Sonnenuntergang in der Hand", mit einem Logo in "fast psychedelischen Farben", mit Sprüchen wie "Cola mit funky twist" und "Feiern der Liebe zum Leben". So was hören sie gerne, die Kalifornier - bis sie erfahren, dass in einer Flasche 30,4 Gramm Zucker stecken. Deshalb zwei Hinweise an die Paulaner-Brauerei aus Los Angeles: Eine zuckerfreie Version wäre dringend anzuraten, wenn das was werden soll mit Spezi in Kalifornien. Und könnt ihr dann bitte auch ordentliches Radler exportieren?

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